Berlin (energate) - Das Ausbauziel des EEG 2017 für Strom aus erneuerbaren Energien für 2050 wird nach Ansicht von Tennet bereits 2035 erreicht. Das sagte der Geschäftsführer des Übertragungsnetzbetreibers, Lex Hartmann, beim diesjährigen Dena-Kongress in Berlin. Hartmann sieht das als Konsequenz des neuen Ziels von 65 Prozent Grünstrom bis 2030, das sich die Grosse Koalition Anfang des Jahres gegeben hat: "Mit dem Ziel haben wir gesagt, dass wir 80 Prozent schon in 2035 erreichen", sagte der Manager. Damit kritisierte Tennet indirekt auch das entsprechende Szenario für den aktuellen Netzentwicklungsplan, den die Netzbetreiber im Januar oder Februar nächsten Jahres vorlegen wollen (
energate berichtete). Das Szenario für 2035 geht lediglich von einem Mindestanteil von 68,8 Prozent Erneuerbaren aus.
Grünstrom für unter 1 Cent/kWh
Deutliche Dynamik erwartet Hartmann etwa beim Ausbau von Windenergie auf See. Im April hatten bereits mehrere Zuschläge für deutsche Offshore-Windparks zu 0 Cent pro kWh für Aufsehen gesorgt. Für die Zukunft rechnet Hartmann mit einem noch drastischeren Wettbewerb: "Es wird ziemlich schnell so kommen, dass Entwickler für Offshore-Wind zahlen müssen." Über alle Technologien hinweg werde Erneuerbaren-Strom bis 2035 extrem billig und für vielleicht weniger als 1 Cent pro kWh zu haben sein, prognostizierte der Netzmanager. Vor diesem Hintergrund würden sich die Kosten für Redispatch, mit dem Ökostrom ins Netz integriert wird, relativieren.
Für die Netzplanung erneuerte Hartmann sein Plädoyer für eine stärkere digitale Steuerung des Netzes. Durch künstliche Intelligenz könne die Effizienz der Netze gesteigert werden, sagte der Tennet-Geschäftsführer. Das System liesse sich zukünftig in Echtzeit steuern. "Man kann Sicherheit digital gestalten", so Hartmann. Wenn die Auslastung von Leitungen beispielsweise von 60 auf 80 Prozent gesteigert werden könne, sei der Effekt gigantisch.
Zweifel an lokalen Ergänzungsmärkten
Bei einer weiteren Methode, um Engpässe im Netz zu bewirtschaften, gab sich der Sachverständige Christoph Maurer von Consentec skeptisch. "Ich habe gewisse Zweifel, ob lokale Ergänzungsmärkte der Ansatz sind, der das Problem stabil lösen kann und ob sie zu unserem Marktdesign passen", sagte der Consentec-Geschäftsführer. Lokale Märkte könnten Flexibilitäten zwar besser erschliessen, gleichzeitig seien jedoch "groteske Verzerrungen" an den Spotmärkten zu erwarten, wenn Anbieter von Flexibilitäten lieber auf nachgelagerten Märkten tätig werden.
Nach Überzeugung Maurers können lokale und zonale Märkte nicht dauerhaft nebeneinander bestehen. Der wahrscheinliche Endpunkt seien lokale Märkte. Solche Märkte für Flexibilitäten, etwa durch Batterien oder Lastmanagement, werden derzeit bundesweit in den Projekten der Sinteg-Initiative erprobt. /mb