Berlin (energate) - Durch Äusserungen von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ist die Debatte um die geologische CO2-Speicherung (CCS) wieder in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Die EU-Kommission und einige Mitgliedsstaaten halten die Technik für unverzichtbar, um die ehrgeizigen Klimaschutzziele zu erreichen. Widerstand leisten eine kleine Gruppe von Staaten und die deutschen Bundesländer.
Ende vergangenen Jahres legte die EU-Kommission ihre Klimaschutz-Strategie für 2050 vor, wonach CCS in sämtlichen acht Szenarien eine Rolle spielen wird. Diese vermeintliche Alternativlosigkeit wollten manche in Europa aber nicht wahrhaben: Auf Druck von fünf Staaten um Spanien und Österreich legt die Kommission demnächst ein neuntes Szenario ohne CCS vor, stattdessen mit einem hundertprozentigen Anteil der erneuerbaren Energien. Dafür gab es ein ausdrückliches Lob von den Grünen und von den Umweltministern der Bundesländer. An den Ländern war die CO2-Speicherung hierzulande bislang gescheitert (
energate berichtete).
Andere Länder setzen auf CCS
In Europa setzt eine ganze Reihe von Ländern auf CCS, hatte Merkel nach dem EU-Gipfel Anfang Mai in Rumänien erklärt (
energate berichtete). Dazu gehören insbesondere die Niederlande, die laut Koalitionsvertrag der Regierung etwa ein Drittel ihrer Klimaschutzverpflichtungen bis 2030 mit Hilfe von CCS erbringen wollen. Die Befürworter der Technologie argumentieren, dass sich einige Bereiche wie die Industrie nicht vollständig dekarbonisieren lassen. Als Ausweg formulieren sie das Ziel der Klimaneutralität. Das besagt, dass nur soviel CO2 produziert werden darf, wie natürliche oder anthropogene CO2-Senken wie Wälder oder unterirdische Speicher aufnehmen können. Ohne die CO2-Speicher, also nur durch Aufforstung, dürfte es laut Merkel nicht gehen. Mit dem Thema werde sich das Klimakabinett der Bundesregierung in Kürze befassen.
Auch bei den deutsch-niederländischen Regierungskonsultationen im Oktober werde es um die Frage gehen, wie die Klimaschutzziele für 2030 und die Klimaneutralität bis 2050 zu erreichen sei, so Merkel nach einem Besuch von Ministerpräsident Mark Rutte. Womöglich werden die Niederlande zum Endlager für CO2 aus Deutschland. Derzeit läuft eine Konsultation, welche Infrastrukturprojekte von europäischer Bedeutung (PCI) EU-Fördergelder erhalten sollen. Im Rennen ist unter anderem das Projekt "Athos", bei dem industrielles CO2 aus dem deutschen Ruhrgebiet über Pipelines in ein Gasfeld unterhalb der niederländischen Nordsee gepumpt werden soll. Die Auswahlentscheidung fällt im Oktober. Bauanträge für CO2-Pipelines sind in Deutschland nach wie vor möglich, anders als für CO2-Speicher, die bis Ende 2016 befristet waren.
Bundespolitik offen für CCS-Technologie
In der Bundespolitik nimmt die CCS-Debatte Fahrt auf. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) hatte signalisiert, dass die Bundesländer damit bei ihm offene Türen einrennen würden. "Wir brauchen mehr Offenheit für neue Technologien, auch CCS", sagte auch der SPD-Energiepolitiker Bernd Westphal kürzlich in Berlin. Die FDP fordert die Bundesregierung sogar auf, eine Gesetzesinitiative zur Anwendung von CCS in Deutschland zu starten, um die Technik in geeigneten Gebieten zu erproben. Ebenso wie der Industrieverband BDI setzen sich die Liberalen ausserdem dafür ein, CCS-Projekte im Ausland zu unterstützen und diese auf die deutsche Klimabilanz anzurechnen. /sh