
Mit dem neuen Elcom-Präsidenten könnte die Aufsichtsbehörde auch neue Schwerpunkte setzen, meint Walter Steinmann. (Foto: Bundesamt für Energie (BFE))
Olten (energate) - In den kommenden Monaten wird nach über zehn Jahren die Amtszeit von Carlo Schmid-Sutter als Präsident der Eidgenössische Elektrizitätskommission (Elcom) enden. Dies ist Anlass genug, dass sich Walter Steinmann, ehemaliger Direktor des Bundesamts für Energie (BFE), in seinen monatlichen Gastkommentar für energate dem langjährigen Chef sowie Tätigkeit der Aufsichtsbehörde selbst widmet...
"Das StromVG ist nun seit mehr als zehn Jahren in Kraft, die entsprechenden Bestimmungen werden ebenso lange von der Elcom überwacht. Der Regulator hat die juristischen Stürme der Startzeit hinter sich, die Gerichte haben viele Entscheide überprüft und einige an die Elcom zur Neubeurteilung zurückgewiesen. In den nächsten Monaten wird die prägende Person der Gründerzeit, alt Ständerat Carlo Schmid-Sutter, als Präsident der Elcom von Bord gehen, weil die Amtszeitguillotine dies verlangt. Zeit, die Entwicklungen sowie die Performance etwas ganzheitlicher anzuschauen.
Regulatoren arbeiten innerhalb eines von Gesetz sowie Verordnung vorgegebenen Rahmens. Sie prüfen die Preise, die Versorgungsqualität, sie sanktionieren Fehlverhalten und stellen auch die Zusammenarbeit mit Europa sowie den umliegenden Ländern sicher. Regulatoren sollten eigentlich nur Gesetze vollziehen, doch ist es einem Politfuchs wie Carlo Schmid-Sutter nicht zu verübeln, dass er Vater der wenigen Gesetzesanpassungen im StromVG der vergangenen zehn Jahr ist und diese in enger Zusammenarbeit mit seinen ehemaligen Partnern aus dem Ständerat durchgezogen hat.
Der neuste Jahresbericht der Elcom zeigt auf, wie umfassend sie sich mit dem Strommarkt auseinandersetzt. Da werden verschiedenste Daten zur Länge und Wert der Netze, Grösse der einzelnen Unternehmen sowie durchgeführten Erhebungen präsentiert. Da finden sich hochinteressante Darstellungen zu den regionalen Unterschieden von Strompreisen sowie Netznutzungstarifen - einige müssten zu einem Aufschrei bei den Konsumenten führen. Da werden kritische Überlegungen zur Einbindung in das europäische System sowie die politische Absicherung angesichts des fehlenden Stromabkommens präsentiert. Da finden sich auch klare Aussagen zum Stand der Versorgungssicherheit in den Wintermonaten sowie zur Notwendigkeit, dass die Politik Entscheidungen zur Erhöhung der Inlandstromproduktion trifft. Obwohl die Studien von BFE sowie Elcom zur System Adequacy kaum gross unterschiedliche Resultate zeigen, werden Schlüsse gezogen, welche unterschiedlicher kaum sein könnten. Natürlich freut sich die Schweizer Stromwirtschaft, wenn sie in dieser Frage vom Regulator Schützenhilfe erhält, denn das erhöht die Chancen, dass der Staat wegen der angemahnten fehlenden Rentabilität von Neuinvestitionen Subventionen oder andere Goodies ausgeschüttet.
Bundesrätin Simonetta Sommaruga hat in ihrem Referat vom vergangenen Montag bei Swisscleantech klargemacht, dass sie die Befürchtungen von Elcom, Parlament sowie Bevölkerung zur Versorgungssicherheit ernst nimmt und Antworten dazu geben will (energate berichtetet). Denkbar sei auch eine weitergehende Förderung der erneuerbaren Energien. Ob dies dem Wunschzettel von Elcom sowie Stromwirtschaft wirklich entspricht, mag vorläufig offen bleiben - Freude dürfte immerhin die Regierungskonferenz der Gebirgskantone haben: der Druck auf eine Flexibilisierung der Wasserzinsen dürfte auf weitere Jahre zurückgehen, wenn staatliche Unterstützungen für Wasserkraftinvestitionen im Raum stehen.
Die Elcom hat eine nicht geringe Europaskepsis, sie sieht längerfristig auch den möglichen Beitrag der umliegenden Länder zur Lösung der Probleme der Winter-Versorgungssicherheit Schweiz für beschränkt an. Die Elcom publiziert aber wöchentlich einen Termin- und Spotmarktbericht, in welchem sie primär die Entwicklungen an den Börsen der umliegenden Länder analysiert (manchmal zieht sie aber auch Ereignisse wie das chinesische Neujahr zur Erklärung von kurzfristigen Preisschwankungen heran). Ist die Publikation derartiger wöchentlicher Analysen mehr als eine Fleissarbeit für eine nicht genau definiertes Publikum? Händler brauchen täglich zeitnahe Informationen und Börsendienste liefern diese, zudem produzieren einzelne Stromfirmen wie die Baselbieter EBL ihre wöchentlichen Analysen für die Interessierten. Die normalen Endkonsumenten, die ja die wesentliche Zielgruppe der Elcom sein sollten, haben einen von den täglichen Entwicklungen an den europäischen Strombörsen aber völlig unabhängigen Vertrag mit dem lokalen Elektrizitätswerk: Sie können ja nicht einmal den Anbieter wählen, deshalb interessieren sie die täglichen Schwankungen auf den europäischen Strommärkten nur minimal.
Der Strommarkt ist in einem umfassenden Wandel, digitale Tools drängen in den Markt, Innovationen wollen getestet und Start-ups mit ihren Produkten sowie Dienstleistungen erste Versuche fahren. Vor Jahresfrist wurde das zusammen mit der ETH Zürich konzipierte Projekt "Quartierstrom Walenstadt" an einer Elcom-Veranstaltung vorgestellt und durchaus wohlwollend kommentiert. An der Swisscleantech-Veranstaltung von dieser Woche habe ich von den Initianten erfahren, dass bei der Elcom aber noch immer juristische Bedenken gegen dieses Projekt vorhanden sind. Man fürchte eine Ungleichbehandlung der Konsumenten, man denke, dass das Modell gar den Markt revolutionieren könne. Als könnte man heute davon ausgehen, dass die Konsumenten in unserem Land überall in Sachen Strom gleichbehandelt und den Strom zu gleichen Bedingungen beziehen könnten. Schade, dass bei der Elcom die Juristinnen in Innovationsfragen prägend wirken, sie sind in Zeiten des Wandels nicht sehr hilfreich.
In der Schweiz ist Swissgrid für 14 Prozent der gesamten Netznutzungskosten (inklusive Systemdienstleistungen) verantwortlich. Regulatoren befassen sich aber lieber mit einigen wenigen grossen Firmen als mit 600 kleinen und mittleren Unternehmen, die man kaum alle umfassend prüfen kann. Deshalb wurde Swissgrid in den vergangenen Jahren von der Elcom eingehend kontrolliert. Details wie die Aufwendungen für Kommunikation oder IT sehr kritisch hinterfragt und am Schluss per Verfügung sanktioniert. Demgegenüber wurden die kleinen und mittleren EVU eher summarisch kontrolliert und hatten Abweichungen vom Durchschnitt zu begründen, nur wenn sich daraus Anhaltspunkte ergaben, wurden die Bücher genauer angeschaut. Detailprüfungen bei einzelnen nach Zufallskriterien ausgewählten EVU hat die Elcom nicht vorgenommen.
Zehn Jahre Elcom in Action - mit dem Rücktritt von Carlo Schmid-Sutter geht eine Ära zu Ende. Er hat die Aufbauphase geprägt, er hat die Arbeit mit grossem Engagement verrichtet und wurde von Branche sowie Konsumenten breit akzeptiert. Ein grosses Dankeschön für seinen Einsatz. Nun ist es an Simonetta Sommaruga, eine Nachfolgerin oder einen Nachfolger zu suchen, welche/r neue Schwerpunkte setzt und dem Sekretariat aufzeigt, wohin in einer Zeit des Wandels der Weg hingehen sollte." /Walter Steinmann
"Das StromVG ist nun seit mehr als zehn Jahren in Kraft, die entsprechenden Bestimmungen werden ebenso lange von der Elcom überwacht. Der Regulator hat die juristischen Stürme der Startzeit hinter sich, die Gerichte haben viele Entscheide überprüft und einige an die Elcom zur Neubeurteilung zurückgewiesen. In den nächsten Monaten wird die prägende Person der Gründerzeit, alt Ständerat Carlo Schmid-Sutter, als Präsident der Elcom von Bord gehen, weil die Amtszeitguillotine dies verlangt. Zeit, die Entwicklungen sowie die Performance etwas ganzheitlicher anzuschauen.
Regulatoren vollziehen Gesetze, sagt die Theorie
Regulatoren arbeiten innerhalb eines von Gesetz sowie Verordnung vorgegebenen Rahmens. Sie prüfen die Preise, die Versorgungsqualität, sie sanktionieren Fehlverhalten und stellen auch die Zusammenarbeit mit Europa sowie den umliegenden Ländern sicher. Regulatoren sollten eigentlich nur Gesetze vollziehen, doch ist es einem Politfuchs wie Carlo Schmid-Sutter nicht zu verübeln, dass er Vater der wenigen Gesetzesanpassungen im StromVG der vergangenen zehn Jahr ist und diese in enger Zusammenarbeit mit seinen ehemaligen Partnern aus dem Ständerat durchgezogen hat.
Informativer Jahresbericht
Der neuste Jahresbericht der Elcom zeigt auf, wie umfassend sie sich mit dem Strommarkt auseinandersetzt. Da werden verschiedenste Daten zur Länge und Wert der Netze, Grösse der einzelnen Unternehmen sowie durchgeführten Erhebungen präsentiert. Da finden sich hochinteressante Darstellungen zu den regionalen Unterschieden von Strompreisen sowie Netznutzungstarifen - einige müssten zu einem Aufschrei bei den Konsumenten führen. Da werden kritische Überlegungen zur Einbindung in das europäische System sowie die politische Absicherung angesichts des fehlenden Stromabkommens präsentiert. Da finden sich auch klare Aussagen zum Stand der Versorgungssicherheit in den Wintermonaten sowie zur Notwendigkeit, dass die Politik Entscheidungen zur Erhöhung der Inlandstromproduktion trifft. Obwohl die Studien von BFE sowie Elcom zur System Adequacy kaum gross unterschiedliche Resultate zeigen, werden Schlüsse gezogen, welche unterschiedlicher kaum sein könnten. Natürlich freut sich die Schweizer Stromwirtschaft, wenn sie in dieser Frage vom Regulator Schützenhilfe erhält, denn das erhöht die Chancen, dass der Staat wegen der angemahnten fehlenden Rentabilität von Neuinvestitionen Subventionen oder andere Goodies ausgeschüttet.
Simonetta Sommaruga will Antworten geben
Bundesrätin Simonetta Sommaruga hat in ihrem Referat vom vergangenen Montag bei Swisscleantech klargemacht, dass sie die Befürchtungen von Elcom, Parlament sowie Bevölkerung zur Versorgungssicherheit ernst nimmt und Antworten dazu geben will (energate berichtetet). Denkbar sei auch eine weitergehende Förderung der erneuerbaren Energien. Ob dies dem Wunschzettel von Elcom sowie Stromwirtschaft wirklich entspricht, mag vorläufig offen bleiben - Freude dürfte immerhin die Regierungskonferenz der Gebirgskantone haben: der Druck auf eine Flexibilisierung der Wasserzinsen dürfte auf weitere Jahre zurückgehen, wenn staatliche Unterstützungen für Wasserkraftinvestitionen im Raum stehen.
Die Elcom und Europa - die lange und die kurze Sicht
Die Elcom hat eine nicht geringe Europaskepsis, sie sieht längerfristig auch den möglichen Beitrag der umliegenden Länder zur Lösung der Probleme der Winter-Versorgungssicherheit Schweiz für beschränkt an. Die Elcom publiziert aber wöchentlich einen Termin- und Spotmarktbericht, in welchem sie primär die Entwicklungen an den Börsen der umliegenden Länder analysiert (manchmal zieht sie aber auch Ereignisse wie das chinesische Neujahr zur Erklärung von kurzfristigen Preisschwankungen heran). Ist die Publikation derartiger wöchentlicher Analysen mehr als eine Fleissarbeit für eine nicht genau definiertes Publikum? Händler brauchen täglich zeitnahe Informationen und Börsendienste liefern diese, zudem produzieren einzelne Stromfirmen wie die Baselbieter EBL ihre wöchentlichen Analysen für die Interessierten. Die normalen Endkonsumenten, die ja die wesentliche Zielgruppe der Elcom sein sollten, haben einen von den täglichen Entwicklungen an den europäischen Strombörsen aber völlig unabhängigen Vertrag mit dem lokalen Elektrizitätswerk: Sie können ja nicht einmal den Anbieter wählen, deshalb interessieren sie die täglichen Schwankungen auf den europäischen Strommärkten nur minimal.
Die Elcom und die Innovation
Der Strommarkt ist in einem umfassenden Wandel, digitale Tools drängen in den Markt, Innovationen wollen getestet und Start-ups mit ihren Produkten sowie Dienstleistungen erste Versuche fahren. Vor Jahresfrist wurde das zusammen mit der ETH Zürich konzipierte Projekt "Quartierstrom Walenstadt" an einer Elcom-Veranstaltung vorgestellt und durchaus wohlwollend kommentiert. An der Swisscleantech-Veranstaltung von dieser Woche habe ich von den Initianten erfahren, dass bei der Elcom aber noch immer juristische Bedenken gegen dieses Projekt vorhanden sind. Man fürchte eine Ungleichbehandlung der Konsumenten, man denke, dass das Modell gar den Markt revolutionieren könne. Als könnte man heute davon ausgehen, dass die Konsumenten in unserem Land überall in Sachen Strom gleichbehandelt und den Strom zu gleichen Bedingungen beziehen könnten. Schade, dass bei der Elcom die Juristinnen in Innovationsfragen prägend wirken, sie sind in Zeiten des Wandels nicht sehr hilfreich.
Die Elcom und ihre Liebe zur Swissgrid
In der Schweiz ist Swissgrid für 14 Prozent der gesamten Netznutzungskosten (inklusive Systemdienstleistungen) verantwortlich. Regulatoren befassen sich aber lieber mit einigen wenigen grossen Firmen als mit 600 kleinen und mittleren Unternehmen, die man kaum alle umfassend prüfen kann. Deshalb wurde Swissgrid in den vergangenen Jahren von der Elcom eingehend kontrolliert. Details wie die Aufwendungen für Kommunikation oder IT sehr kritisch hinterfragt und am Schluss per Verfügung sanktioniert. Demgegenüber wurden die kleinen und mittleren EVU eher summarisch kontrolliert und hatten Abweichungen vom Durchschnitt zu begründen, nur wenn sich daraus Anhaltspunkte ergaben, wurden die Bücher genauer angeschaut. Detailprüfungen bei einzelnen nach Zufallskriterien ausgewählten EVU hat die Elcom nicht vorgenommen.
Danke an Carlo Schmid-Sutter: nun ist Simonetta Sommaruga am Zug
Zehn Jahre Elcom in Action - mit dem Rücktritt von Carlo Schmid-Sutter geht eine Ära zu Ende. Er hat die Aufbauphase geprägt, er hat die Arbeit mit grossem Engagement verrichtet und wurde von Branche sowie Konsumenten breit akzeptiert. Ein grosses Dankeschön für seinen Einsatz. Nun ist es an Simonetta Sommaruga, eine Nachfolgerin oder einen Nachfolger zu suchen, welche/r neue Schwerpunkte setzt und dem Sekretariat aufzeigt, wohin in einer Zeit des Wandels der Weg hingehen sollte." /Walter Steinmann
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