Bern (energate) - Das vom Ständerat beschlossene neue CO2-Gesetz ruft bei Parteien und Verbänden unterschiedliche Reaktionen hervor. Kontrovers beurteilt werden dabei vor allem das verabschiedete Inlandreduktionsziel und die CO2-Grenzwerte bei den Gebäuden. Der Beschluss des Ständerats, wonach die Schweiz ihren CO2-Ausstoss bis 2030 gegenüber 1990 halbieren und dies zu mindestens 60 Prozent durch Massnahmen im Inland geschehen soll, sorgte beispielsweise für Kritik von Seiten der Grünen und von Umweltschutzorganisationen. So bezeichnete die Grüne Partei das sich ergebende Inlandreduktionsziel von 30 Prozent als ungenügend und fordert eine Verdoppelung der Anstrengung. "Der CO2-Ausstoss im Inland kann und muss bis 2030 um mindestens 60 Prozent verringert werden", so die Partei. Gleicher Auffassung ist auch die Klima-Allianz. Sie spricht von einer katastrophal schlechten Zielsetzung, welche nicht genüge, um das Netto-Null Ziel bis 2050 zu erreichen. "Die Klima-Allianz fordert eine Reduktion der Inlandemissionen um 60 Prozent, weil die Schweiz als reiches Land sich mit dem Pariser Abkommen dazu verpflichtet hat, voranzuschreiten", schreibt die Organisation entsprechend.
Qualität von Klimazertifikaten wird angezweifelt
Keine Verdopplung, aber gleichwohl verstärkte Anstrengungen der CO2-Reduktionsbemühungen im Inland, verlangt Swisscleantech. Wie die Klima-Allianz vertritt auch der Wirtschaftsverband die Ansicht, dass der nun angedachte Klimaschutz in der Schweiz nicht mit den Zielen von Paris kompatibel ausgestaltet sei. Wolle die Schweiz bis 2050 klimaneutral werden, brauche es ein ehrgeizigeres Reduktionziel, so Swisscleantech demgemäss. An der Strategie, die CO2-Emissionen im Ausland reduzieren zu wollen, kritisiert der Wirtschaftsverband zudem, dass die Qualität von CO2-Zertfikaten oft mangelhaft sei und man die Chance verpasse, die Schweiz als Innovationsstandort zu stärken. "Wir setzen darauf, dass der Nationalrat nach den Wahlen einen ambitionierteren Kurs einschlägt. Ein Inlandziel von 45% ist wissenschaftlich nötig und machbar", bekräftigte Christian Zeyer, Geschäftsführer des Verbands, diese Haltung. Ebenfalls mehr inländische Anstrengungen verlangt die Schweizerische Energie-Stiftung (SES). Auch sie zweifelt an der Integrität von Auslandszertifikaten und macht auf das Problem von Doppelzählungen aufmerksam. Ambitioniertere Werte wären weiter sinnvoll, weil es laufend teurer und schwieriger werde, CO2-Emissionen im Ausland zu kompensieren, argumentiert sie vor dem Hintergrund der weltweiten Emissionsreduktionsbemühungen.
CO2-Grenzwerte: Stolperstein für Energiewende
Ebenfalls kontrovers diskutiert wird der Vorschlag des Ständerats, dass für Altbauten ab 2023 ein CO2-Grenzwert gelten soll, wenn die Heizung ersetzt werden muss (energate berichtete). Swisspower sieht darin nicht nur ein faktisches Öl-, sondern auch ein faktisches Gasheizungsverbot. Und dies zwar "selbst dann, wenn ein substanzieller Teil des bezogenen Gases erneuerbar ist", wie Jan Flückiger, Geschäftsleitungsmitglied der Stadtwerkeallianz, in einem publizierten Interview betonte. Ihm zufolge könnten die "gut gemeinten" Grenzwerte deswegen gar "zum Stolperstein werden für den Umbau in Richtung erneuerbares Gesamtenergiesystem". Explizit anders beurteilt werden die CO2-Grenzwerte von Swisscleantech, der Klima-Allianz und der SES. Die CO2-Grenzwerte seien besonders zu begrüssen, weil sie den Effort für mehr Effizienz in Gebäuden stärken würden, lässt sich etwa Zeyer in einer Stellungnahme von Swisscleantech zitieren. Die Klima-Allianz indessen spricht von einer "nötigen Neuausrichtung", die der Ständerat vorgenommen habe und auch die SES begrüsst den Entscheid.
"Griffig" oder "ein zu kleiner Schritt fürs Klima"?
Insgesamt bezeichneten die Grünen, Swisscleantech, SES und auch die Klima-Allianz die ständerätliche Version des CO2-Gesetzes trotz den Verbesserungen gegenüber dem Nationalrat als immer noch ungenügend. "Ein grosser Schritt für den Ständerat, ein zu kleiner Schritt fürs Klima", fasste die Klima-Allianz entsprechend zusammen. Anders sehen dies die CVP und die FDP. Beide Parteien sprechen von einem mehrheitsfähigen, griffigen CO2-Gesetz, welches sie entscheidend mitgeprägt hätten. /mg