Mittels einer Software sieht das Team von Gilytics genau, wo die Trassen durchführen, wie hier in dieser Symbolgrafik. (Foto: Gilytics)
Olten/Zürich (energate) - Die Energiebranche wandelt sich. Digitalisierung und neue Kundenerwartungen sind dabei wichtige Treiber. Doch Veränderungen bringen auch neue Firmen - zum Beispiel das ETH-Spin-off Gilytics. Die Firma ermittelt anhand von Geodaten die Trassen von Stromleitungen, aber auch Schienen und Strassen. Ein Porträt.
Wo sollen Stromleitungen gebaut werden? Und wie können sie gebaut werden, ohne dass sie Mensch und Umwelt zu stark belasten? Diese und ähnliche Fragen beschäftigt Gilytics seit 2014. Damals entstand am Institut für Kartografie und Geoinformatik an der ETH Zürich die Idee, die Trassen von Stromleitungen auf Basis von Geodaten zu berechnen. Eine Idee, an der sich unter anderem Swissgrid, BKW und die österreichische APG beteiligten. Drei Jahre später präsentierten die Initianten ihr Projekt an der Innovation Challenge von Elia TSO Belgien in Brüssel - und gewannen prompt den ersten Preis. Gilytics (Gis für Geographic Information System, lytics für Analytics) war geboren. Wenig später wurde aus dem an der ETH gegründeten Start-up ein ETH-Spin-off, das fortan unabhängig war.
Mit dem eigens entwickelten Programm mit dem Namen Pathfinder lassen sich Stromleitungen über kurze und längere Distanzen planen. "Früher", sagt Philippe Bieri, Co-Gründer und verantwortlich für Strategie, Finanzen und Verkauf, "haben die Kartografen solche Wege in mühsamer manueller Arbeit erörtert, jetzt macht das die Software automatisch." Die Software berechnet, wo entlang eine Leitung führen muss, um etwa Gebäude oder Naturschutzgebiete zu vermeiden. Dann stellt sie die Linienführung in einem 3D-Modell dar. Das Modell zeigt ein detailliertes Abbild des jeweiligen Geländes, inklusive beispielsweise der Masten, über welche die Stromleitungen verlaufen sollen. Diese kann der Benutzer per Mausklick bewegen und verschiedene räumliche Auswertungen generieren. Auch berücksichtigt sie Abstände, etwa dass ein Mast eine bestimmte Distanz zu einem Haus wahren muss.
Bau einer Leitung kann Jahre beanspruchen
Doch nicht nur die Verlegung von Stromleitungen ist mit dem Programm möglich, sondern auch von anderen Infrastrukturen, die eine genaue Linienführung verlangen. So kann das Gilytics-Team unter anderem Eisenbahnlinien oder Strassen planen. Der momentane Fokus liegt jedoch auf Stromleitungen. Man wolle Energiefirmen in der Planungsphase unterstützen, aber auch beim Ersetzen von alten Leitungen, so Bieri. "Das Problem ist, dass das Erstellen einer Stromleitung insgesamt Jahre in Anspruch nehmen kann", sagt er. "Man plant eine Leitung, hat eine Variante der Linienführung, und bevor diese umgesetzt wird, gibt es Einsprachen, die einen unter Umständen zurück an den Anfang bringen." Mit der Software habe der Kunde ein Tool, das es ihm erlaube, nicht nur mehrere Varianten in kurzer Frist zu erarbeiten, sondern auch transparent gegenüber den Stakeholdern zu kommunizieren: "Man sieht von Anfang an, wie die Leitungsführung sein könnte."
Die Software selbst bietet Gilytics als Cloud-Lösung an. "Man braucht eigentlich nur einen Internetzugang, den Benutzernamen und das Passwort und natürlich die Geodaten", sagt Bieri. Gilytics bietet die Software im Lizenzmodell an. Das Start-up arbeitet in der Schweiz mit mehreren grossen Akteuren zusammen, etwa mit SBB oder Axpo. Zugleich fokussiert Gilytics sich aufs Ausland. Grosses Interesse gebe es in Europa, so Bieri. Pilotprojekte seien aber auch in Indien und in Nord- und Südamerika geplant. Konkret sei gerade Kolumbien an einer Leitungsführung interessiert, so Bieri. Die Kommunikation mit dem spanischsprachigen Land dürfte dem Gilytics-Team nicht schwerfallen: Das Zürcher Start-up hat eine Niederlassung im spanischen Valencia.
Gilytics arbeitet zusammen mit Partnern an verschiedenen technologischen Weiterentwicklungen wie der Ergänzung von GIS-Daten mit Satellitenbildern oder der Visualisierung der Leitungsführung mithilfe von Augmented Reality auf Mobilgeräten. Weitere Schritte auf dem Weg zur Vision von Gilytics: dass eines Tages Leitungsplanungen deutlich verkürzt werden. /ms
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