Wien (energate) - Im Zuge der Coronakrise will die türkis-grüne Bundesregierung zusätzlich zum geplanten Budget 300 Mio. Euro in den Ausbau des öffentlichen Verkehrs investieren. "Kluge und nachhaltige Investitionen" stellten Verkehrsministerin Leonore Gewessler (Grüne) und Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) bei einem gemeinsamen Pressetermin im Bundeskanzleramt in Wien in Aussicht. Anlass war die Präsentation des "ersten Investitionspakets im Rahmen des Comebacks der österreichischen Wirtschaft". Insgesamt sollen laut Blümel bis 2023 vier Mrd. Euro in den öffentlichen Verkehr fliessen.
150 Mio. Euro des Zusatzbudgets sollen sofort in den Ausbau der Bahninfrastruktur fliessen. Priorität haben dabei der Streckenneubau und die Modernisierung der Regionalbahnstrecken. Die anderen 150 Mio. Euro sind für den Ausbau des Angebots vorgesehen. Lob kam von WWF Austria via Twitter: "Das Konjunkturpaket geht in die richtige Richtung: Der zusätzliche Ausbau des öffentlichen Verkehrs hilft dem Arbeitsmarkt, stärkt die Wirtschaft und erhöht die Lebensqualität." Bis 2035 soll die vollständige Dekarbonisierung des Schienenverkehrs abgeschlossen sein, hatte Gewessler bereits vor kurzem bekanntgegeben. Aktuell liefen schon rund 90 Prozent des Schienenverkehrs im elektrischen Betrieb (
energate berichtete).
Steuersenkung bei Bahnstrom
Gewessler plädierte nun ausserdem für eine Steuersenkung bei Bahnstrom. um die Wettbewerbsfähigkeit des Schienenverkehrs zu steigern. Die Ministerin trat auch für eine Reduzierung der Schienenmaut ein: "Dazu laufen derzeit Verhandlungen mit der EU, da das ein europäisches Problem ist." Seit der Coronakrise sei der Bahngüterverkehr in Europa um 30 Prozent eingebrochen. Um eine Rückverlagerung der Transporte auf die LKW zu verhindern, müsse Brüssel rasch handeln, so Gewessler.
Sie kündigte ausserdem an, das sogenannte 1-2-3-Ticket bereits 2021 einzuführen. Damit sollen unter anderem zum Preis von einem Euro pro Tag sämtliche öffentliche Verkehrsmittel in einem Bundesland genutzt werden können. Um zwei Euro soll in zwei Bundesländern gefahren werden können und um drei Euro täglich durch ganz Österreich. Die Einführung könnte stufenweise erfolgen. Gespräche dazu würden derzeit mit den Verkehrsverbänden und Bundesländern geführt.
Staatshilfen bei CO2-Reduktion
Bei der Rettung der Austrian Airlines (AUA) stehen die Zeichen darüber hinaus auf Einigung. Die Gespräche laufen auf Hochtouren. "Es geht um viele Details. Aber es ist noch zu früh, um zu sagen, wie das Paket insgesamt aussehen wird", sagte Finanzminister Blümel. Zu den geplanten Staatshilfen für die Lufthansa-Tochter erklärte Gewessler: "Es sind noch einige Punkte offen, vor allem bezüglich des Klimaschutzes." Für ein Hilfspaket gebe es verschiedene Bedingungen. Als Vorbild nannte sie Frankreich. Dort einigten sich Staat und Air France auf ein Rettungspaket mit "ambitionierten Klimaschutzbedingungen" wie CO2-Reduktion und Verlagerung auf die Bahn.
Aus für Laudamotion in Wien
Auch das Aus der Ryanair-Tochter Laudamotion, die ab 29. Mai ihre Basis in Wien schliesst, war Thema. 300 Mitarbeiter verlieren ihre Arbeit. Die Gewerkschaft Vida hatte dem neuen Vertrag mit Niedriglöhnen - 848 Euro Nettoeinstiegsgehalt für Flugbegleiter - nicht zugestimmt. Gewessler warnte angesichts der Situation bei Laudamotion ausdrücklich vor Lohn- und Sozialdumping. "Wir haben am Standort Wien durchaus ein Problem mit der Frage von Sozialdumping und den teilweise sehr schlechten Arbeitsbedingungen." Auf dem Rücken der Mitarbeiter mit "Dumping-Löhnen" zu agieren und sich auf Kosten der Umwelt einen Gewinn zu sichern, das könne nicht die Zukunft sein, betonte sie. "Da haben wir umfassenden Handlungsbedarf in der Branche“, so Gewessler.
/Irene Mayer-Kilani