Wien (energate) - Deutschland, Österreich und die Schweiz verpassen den Ausstieg aus fossilen Energien. Setzen die Dach-Länder ihre bisherige Politik weiter fort, sei eine komplette Dekarbonisierung bis 2050 nicht zu erreichen. So lautet ein Fazit einer Studie des deutschen Beratungsunternehmens RWI Consult im Auftrag des Wirtschaftsforschungsinstituts Eco Austria. Die Studienautoren stellten deutliche Unterschiede in der Energiepolitik der drei Länder fest. Demnach versuchte Österreich bisher, den Energieverbrauch und den CO2-Ausstoss vor allem mit Verboten, aber auch mithilfe von Subventionen zu senken. Deutschland habe den Schwerpunkt auf die Subventionierung der erneuerbaren Energien gelegt, während die Schweiz hingegen bereits 2008 eine CO2-Abgabe eingeführt hat, was zu einem deutlich niedrigeren Energieverbrauch geführt habe.
Studienautor Manuel Frondel empfiehlt allen drei Ländern eine internationale und sektorübergreifende CO2-Bepreisung. "Das Beispiel der Schweiz zeigt deutlich: Statt Subventionierung führt eine marktwirtschaftlich ausgerichtete CO2-Bepreisung und daraus folgende Senkungen des Energiebedarfs schneller in eine grüne Zukunft", so Frondel.
Österreichs Wasserkraftpotenzial ausgeschöpft
Österreich hat durch seine starke Ausrichtung auf Wasserkraft im EU-Vergleich einen hohen Anteil an Erneuerbaren im Energiemix. Neben Biomasse leistete die Wasserkraft mit 37,5 Prozent den grössten Beitrag zur Ökostromproduktion. Doch das Potenzial für weitere Wasserkraftwerke sei laut Studie, aber auch laut Umweltschützern, weitgehend ausgeschöpft. Weitere Erschliessungen kämen aus ökologischen und anderen Gründen nicht infrage.
Zugleich sei der Ausbau von Windkraft und Photovoltaik bislang eher zurückhaltend verlaufen. Der daraus gewonnene Strom betrug nur ein Viertel der aus Wasserkraft gewonnen Produktion. Nach wie vor decken fossile Brennstoffe rund 28 Prozent des Stromverbrauchs. Bis 2035 sollen landesweit alle Ölheizungen ausgetauscht werden. Das Energieministerium hat dazu mit dem "Raus aus Öl"-Bonus finanzielle Unterstützung zugesichert (
energate berichtete). In Österreich sind ähnliche Emissionsabgaben für Verkehr und Strom wie in Deutschland geplant.
200 Mrd. Euro für Erneuerbare in Deutschland
Bei der Energiewende setzt Deutschland auf drei Säulen: Neben dem Ausbau der Erneuerbaren und dem Atomausstieg bis 2022 ist die Abkehr aus der Kohleverstromung bis 2038 das Ziel. Durch die EEG-Umlage bezahlten Kunden seit 2000 bereits rund 200 Mrd. Euro für die Förderung erneuerbarer Energien. Laut Forschern dürften in den nächsten 21 Jahren zusätzliche 400 Mrd. Euro durch die Einspeisevergütung anfallen.
Deutschland könnte, so die Studie, die Ziele für den Anteil der Erneuerbaren am Bruttostromverbrauch verfehlen. Laut Prognosen dürfte ohne Kurswechsel bis 2030 nur 60 Prozent und bis 2050 nur 70 Prozent Grünstromanteil erreicht sein. Einzelne Schritte wurden im Rahmen des Klimapakets 2019 mit der CO2-Bepreisung bei Verkehr und Wärme bereits teilweise umgesetzt. Zusätzlich brauche es laut Studie verstärkt Investitionen in den Ausbau neuer klimafreundlicher Technologien.
Schweizer Ökobonus und Technologiefonds
Einen anderen Weg hat die Schweiz eingeschlagen, wo seit 2008 eine CO2-Abgabe auf Brennstoffe gilt. Zwei Drittel der Einnahmen fliessen als "Ökobonus" wieder an Haushalte und Unternehmen. Der Rest fliesst in eine umweltfreundliche Gebäudesanierung und in einen Technologiefonds. Der Primärenergieverbrauch war bis 2017 deutlich gesunken. Langfristig erreiche laut Prognosen auch die Schweiz durch einen aktuell geplanten Atomausstieg die nationalen Klimaziele nicht. Die Forscher empfehlen, die CO2-Abgabe auch auf Kraftstoffe zu erweitern. Die Studie ist
online als PDF abrufbar.
/Irene Mayer-Kilani/dz