Ohne Abkehr von fossiler Energie sind keine nachhaltigen Emissionsminderungen zu erwarten. (Foto: Adobe Stock/Erwin Wodicka)
Wien (energate) - Die vorläufige Bilanz aus der Coronakrise führt zu einer guten und zu einer schlechten Nachricht. Kurzfristig darf die Umwelt aufatmen: Massnahmen zur Pandemie-Ausbreitung sorgen für einen CO2-Rückgang von zehn Prozent gegenüber dem Vorjahr. Gleichzeitig erwartet Österreich dieses Jahr einen Einbruch des BIP von sieben Prozent. Diese Prognosen hat das Österreichische Institut für Wirtschaftsforschung (Wifo) in einem aktuellen Arbeitspapier veröffentlicht. Die Ergebnisse basieren auf einem neu entwickelten Modell, das primär die Klimaverträglichkeit wirtschaftspolitischer Massnahmen beurteilt. Mit einer nachhaltigen Trendwende ist laut Wifo, ohne tief greifende strukturelle Änderungen wie einem geringeren Energie- und CO2-Verbrauch, jedoch nicht zu rechnen.
Um die Krise klimapolitisch zum Positiven zu wenden, forderte Ökonomin Margit Schratzenstaller entsprechende Rahmenbedingungen. „Ein wichtiger Hebel dabei sind die Konjunkturpakete, vor allem öffentliche Investitionen in Klimaschutz und eine ökologische Steuerreform. Mindestens ein Viertel von 11,5 Mrd. Euro fliesst nun in staatliche grüne Investitionen oder Steuererleichterungen“, sagte Schratzenstaller. Begleitet müssten diese Massnahmen von nachhaltigen Rettungsmassnahmen auf EU-Ebene sein.
Effekte nicht nachhaltig
Das Wifo-Modell könnte für Politiker als Entscheidungshilfe dienen, so die Forscher. Auf Basis der statistischen Daten lassen sich Massnahmen zur Abkehr von fossiler Energieversorgung ableiten. Im Jahr 1990 wurden laut Umweltbundesamt pro Million BIP 317 t Treibhausgase emittiert, 2018 waren es mit 211 t um ein Drittel weniger. Bei den vorgelegten Zahlen zum Rückgang bei CO2-Belastung und BIP seien jedoch zahlreiche, derzeit noch nicht vorhersehbare Unsicherheitsfaktoren zu berücksichtigen. Dazu gehören unter anderem die weitere wirtschaftliche Entwicklung, die Verkehrssituation und die Wetterbedingungen. Daher ist laut Wifo-Dokument der CO2- Rückgang nicht als Prognose der Treibhausgasinventur für das Jahr 2020 zu verstehen.
Die Abnahme der Klimabelastung ist eine direkte Folge des Wirtschaftseinbruchs, der fast alle Branchen betrifft. Erfahrungsgemäss halten krisenbedingte CO2-Rückgänge jedoch nur kurz an. Vor zehn Jahren kam es zu einem Emissionsanstieg (plus 5,5 Prozent) nachdem im Krisenjahr 2009 die Umweltbelastung um 7,6 Prozent gegenüber 2008 zurückging. Nach dem Tiefpunkt im April ist seit den Lockerungen bereits wieder ein weltweiter CO2-Anstieg zu beobachten. Da Österreichs Industrie nach wie vor eng mit der Verwendung fossiler Rohstoffe verknüpft ist, wird der für 2021 prognostizierte Aufschwung von 4,3 Prozent auch wieder zu einer CO2-Zunahme führen.
Kein Geld für Klimaschutz
Als weitere Gründe, die auch diesmal einer dauerhaften Veränderung im Weg stehen könnten, sieht Schratzenstaller Nachholeffekte bei Konsum und geringere Investitionen in umweltfreundliche Innovationen. Aufgrund steigender Verschuldung könnte auch der Spielraum für staatliche Klimaschutz-Ausgaben sinken, ebenso sei mit rezessionsbedingt sinkenden Ressourcenpreisen im EU- Emissionshandel zu rechnen. /Irene Mayer-Kilani
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