Bern (energate) - Die Grünen Schweiz haben am 5. August per Online-Medienkonferenz dargelegt, wie die Schweiz ab 2040 klimapositiv werden könnte. Der Klimaplan umfasst zahlreiche tiefgreifende Massnahmen, etwa Null-Gramm CO2-Grenzwerte für Gebäude und neue Fahrzeuge ab 2030. Angesichts der Ambitioniertheit betonte der Thurgauer Nationalrat Kurt Egger, dass der Plan nur mit Unterstützung der Politik funktionieren könne. Als Unterstützung schlagen die Grünen unter anderem den Ausbau des bestehenden Gebäudeprogramms im Umfang von zusätzlich 500 Mio. Franken pro Jahr, ein Förderprogramm für Fernwärmenetze (250 Mio. Franken pro Jahr) sowie Gelder für den Ausbau der Infrastruktur für die Elektromobilität in Höhe von jährlich 100 Mio. Franken vor.
Den beträchtlichen Finanzierungsbedarf für die Programme wollen die Grünen mit der erhöhten CO2-Abgabe und der neuen Flugticketabgabe des revidierten CO2-Gesetzes decken. Angedacht ist aber auch eine Klimabank. Diese könnte nach dem Vorbild der Corona-Kredite zinslose und vom Bund abgesicherte Kredite vergeben, wie Egger ausführte.
Verdopplung des Netzzuschlages nötig
Weil die Dekarbonisierungsstrategie mit einem erhöhtem Elektrizitätsbedarf einhergehen soll, fordern die Grünen weiter "wesentlich verstärkte Anstrengungen" für den Ausbau der erneuerbaren Energien im Rahmen des Energiegesetzes. So verlangt die Partei unter anderem erhöhte Einmalvergütungen, einen einheitlichen Rückliefertarif oder Ausschreibungen und gleitende Marktprämien für Photovoltaikanlagen. "Ebenso müssen bewilligungstechnische Hürden abgebaut, Eigenverbrauchsanlagen erleichtert und raumplanerische Vorgaben gemacht werden, damit bei infrastrukturgebundenen Photovoltaikanlagen an Lärmschutzwänden, Staumauern oder ähnlichem ein vereinfachtes Bewilligungsverfahren möglich ist", heisst es im Klimaplan. Mit den verstärkten Massnahmen wollen die Grünen die Schweizer Stromversorgung bis 2035 zu 100 Prozent erneuerbar gestalten. Dafür nötig ist der Partei zu Folge aber eine Erhöhung des Netzzuschlages auf bis das Doppelte. Dies ist eine Massnahme, von der der Bundesrat bisher absehen will.
Klimaabgabe auf CO2-intensive Produkte
Ebenfalls Gegenstand des Grünen Klimaplans sind importierte und negative Emissionen. Bei den Importen wollen die Grünen auf ökologische Mindeststandards, Klimaprojekte entlang der Wertschöpfungskette und eine Klimaabgabe auf CO2-intensive Produkte setzen. Egger räumte der Einführung einer Klimaabgabe gute Chancen ein und verwies auf die Pläne zu einer europäischen CO2-Grenzsteuer (
energate berichtete). Bei den negativen Emissionen verortet die Partei das grösste Potenzial bei der technischen Abscheidung und geologischen Speicherung im Rahmen der Abfallverwertung sowie der Biomasse-basierten Energieproduktion. Vorgeschlagene Massnahmen sind die Intensivierung der Forschung, der Aufbau von internationalen Kooperationen sowie der Bau einer CO2-Pipeline.
Milliardenschweres Energie-Impulsprogramm
Laut den Grünen lässt sich ein Grossteil der geforderten Massnahmen im Rahmen des CO2-Gesetzes und des Energiegesetzes realisieren. Da es aber noch einige Jahre dauern könnte, bis die beiden Gesetze in Kraft treten, fordert die Partei als Sofortmassnahme ein Covid-19-Impulsprogramm für die Bereiche Energie und Biodiversität im Umfang von drei bis vier Mrd. Franken. Eine entsprechende
Motion hat die Partei im Parlament bereits eingereicht.
An der Medienkonferenz zeigte sich der Zürcher Nationalrat Bastien Girod überzeugt, dass sich all die Investitionen letztlich volkswirtschaftlich rechnen werden. "Ich gehe davon aus, dass der Business Case für eine klimapositive Schweiz ganz klar ist", entgegnete der Politiker auf kritische Journalistenfragen. Einerseits könne die Schweiz als Folge des Programms Technologien entwickeln, die in Zukunft garantiert nachgefragt würden. Andererseits würde gemäss Girod die Marke Schweiz extrem profitieren. /mg