Berlin (energate) - In Deutschland sollen in den kommenden Jahren industrielle Anlagen zum Erzeugen oder Nutzen von grünem Wasserstoff entstehen. Ohne umfangreiche staatliche Fördermassnahmen wird das nicht gelingen. Zwei Monate nach Veröffentlichung der Nationalen Wasserstoffstrategie hält sich die Bundesregierung hier aber noch bedeckt. Eine der wesentlichen Fragen ist, wie sich der Preisunterschied zwischen grünem Wasserstoff und herkömmlichen, auf Basis von fossilen Energien hergestelltem, ausgleichen lässt. Nur wenn dies gelingt, lassen sich Anlagen wirtschaftlich betreiben. Ein Weg wäre die Befreiung der Kosten für die Elektrolyse von Grünstrom von Umlagen. Die Bundesregierung hat diese Option mit der Wasserstoffstrategie selbst ins Spiel gebracht. "Insbesondere streben wir die Befreiung der Produktion von grünem Wasserstoff von der EEG-Umlage an", heisst es darin. Weitere Details gibt es dazu bisher nicht. "Die nationale Wasserstoffstrategie befindet sich in der Umsetzung. Bitte haben Sie Verständnis, dass wir zu laufenden Diskussionen über verschiedene Optionen und Vorschläge derzeit keine Auskunft geben können", heisst es auf energate-Nachfrage aus dem Bundeswirtschaftsministerium.
Differenzverträge sind eine Option
Ohne entsprechende Anreize wird kein Unternehmen in Wasserstofftechnologien investieren. Dabei muss genau das zeitnah passieren. So sollen nach dem Willen der kürzlich verabschiedeten EU-Wasserstoffstrategie bis 2024 in den EU-Staaten bereits Anlagen in Betrieb sein, die 1 Mio. Tonnen grünen Wasserstoff produzieren. Sechs Jahre später sollen es schon zehnmal so viel sein. Allein in Deutschland soll bis zum Jahr 2030 die Elektrolysekapazität 5.000 MW erreichen.
Hauptabnehmer für den grünen Wasserstoff könnten energieintensive Industrien wie die Stahl- oder Chemiebranche sein, die händeringend nach Lösungen zur Reduktion der prozessbedingten Emissionen suchen. Das Problem: Die Unternehmen stehen im Wettbewerb und können die höheren Kosten für die grüne Produktion nicht weitergeben. Für einen gewissen Schutz soll die aktuelle CO2-Steuer auf Importe in die EU sorgen (
energate berichtete). Die Bundesregierung will aber auch Investitionen und Betrieb von "klimafreundlichen und nachhaltigen Industrieverfahren in energieintensiven Grundstoffindustrien" direkt fördern, heisst es in einer noch nicht veröffentlichen Antwort auf eine Kleine Anfrage der Grüne-Bundestagsfraktion, die der Redaktion vorliegt. Allein in der Stahlbranche erfordert die Transformation in den kommenden zehn Jahren Investitionen von 10 Mrd. Euro. Als Unterstützung könnten sogenannte Carbon Contract for Difference dienen. Der Staat gleicht dabei im Prinzip Mehrkosten aus. Grundlage ist ein vorher vereinbarter CO2-Preis.
Bundesregierung prüft Quote für grünen Stahl
Diese Kontrakte tauchen ebenfalls als Massnahme in der Wasserstoffstrategie auf. Doch auch hier ist bisher nicht viel passiert. "Das Pilotprogramm für Carbon Contracts for Difference wird derzeit ausgearbeitet und näher konkretisiert", schreibt die Bundesregierung an die Grünen im Bundestag. Weitere Angaben zu förderfähigen Massnahmen und Prozessen kann die Bundesregierung nicht machen. Helfen soll der Stahlbranche zudem eine garantierte Abnahme der grünen Produkte, etwa über eine Quote für grünen Stahl. "Die Einführung von Beimischquoten wird derzeit geprüft", heisst es in der Antwort. Ein solches Instrument liesse sich demnach auch auf energieintensive Industriesektoren ausweiten.
Klar ist: Sämtliche Aktivitäten beim Wasserstoff sollen europäisch verzahnt werden. Forschungsministerin Anja Karliczek (CDU) einigte sich erst kürzlich mit ihren Amtskollegen darauf, die Forschung in den Mitgliedsstaaten zu koordinieren. Die Bundesregierung unterstützt zudem die Schaffung eines sogenannten Important Project of Common European Interest (IPCEI) für die Wasserstofftechnologie. Aktuell laufen dazu Gespräche mit der EU-Kommission und den Mitgliedsstaaten, heisst es in der Antwort. Der Vorteil dieser Staatenübergreifenden Projekte, die es etwa für den Bau von Batteriefabriken gibt: Staatliche Beihilfen sind zugelassen. /kw