Olten (energate) - Die Zahl der Elektroautos bei Neuwagen wächst. Delphine Morlier, Leiterin Mobilität beim Bundesamt für Energie (BFE), erklärt im energate-Interview, was aus ihrer Sicht noch fehlt, damit noch mehr Autofahrer auf Elektroautos umsteigen und warum der Bund im Individualverkehr auf Elektromobilität fokussiert.
energate: Frau Morlier, die "Roadmap Elektromobilität 2022" verfolgt das Ziel, den Anteil an Steckerfahrzeugen bei Neuzulassungen bis 2022 auf 15 Prozent zu erhöhen. Momentan sind wir erstmals bei über 10 Prozent (
energate berichtete). Sie sind vermutlich zuversichtlich, dass dieses Ziel von 15 Prozent erreicht wird?
Morlier: Ja, das sind wir. Wir werden weiterhin daran arbeiten - mit Massnahmen zur Promotion energieeffizienter Fahrzeuge sowie zum Aufbau der Ladeinfrastrukturen.
energate: Der Bund lässt auch die Kampagne "co2tieferlegen" laufen, die Autofahrerinnen und -fahrer zum Umstieg auf Elektroautos bewegen soll. Nun hat sich gezeigt, dass die Marktentwicklung kaum beeinflusst werden konnte. Was war da genau das Problem?
Morlier: "co2tieferlegen" hat einiges zur Sensibilisierung für energieeffiziente Fahrzeuge und Elektromobilität beigetragen. Doch den Kaufentscheid zu beeinflussen ist schwierig, weil da auch andere Faktoren mitspielen wie Preis, Verfügbarkeit oder Design des Autos. Dennoch wollen wir weiterhin neutrale, vertrauenswürdige Informationen bereitstellen. Wir erarbeiten derzeit ein Konzept, wie wir das künftig tun werden. In unserer digitalen, schnelllebigen Zeit ist es nicht einfach, Aufmerksamkeit zu bekommen. Die Leute klicken auf der Webseite von "co2tieferlegen" zwar Artikel an, sind aber sehr rasch wieder weg. Und im Internet und der Werbung werden sie mit einer Flut von anderen, teils widersprüchlichen Informationen konfrontiert. Entscheidend wird sein, dass der Markt eine genügend grosse Auswahl an Elektro-Modellen bietet, die man probefahren und vergleichen kann.
energate: Gibt es zu wenige Modelle?
Morlier: Das ändert sich gerade. Es kommen laufend neue Modelle in unterschiedlichen Preisklassen auf den Markt. Damit wird es immer interessanter, beim Autokauf solche Modelle in Betracht zu ziehen.
energate: Wer sich heutzutage ein E-Auto kauft, bekommt je nach Kanton Fördermittel zugesprochen oder auch nicht. Sollte das nicht einheitlich vom Bund geregelt werden?
Morlier: Es gibt in der Politik keine Mehrheit für einheitliche Kaufprämien auf Bundesebene. Darum beschreitet der Bund andere Förderwege. Wichtig dabei ist auch die enge Abstimmung mit den Marktakteuren wie bei der Roadmap Elektromobilität 2022 oder bei der Revision des CO2-Gesetzes. Dieses sieht eine Förderung der Ladeinfrastruktur in Mehrparteiengebäuden.
energate: Wieso macht sich der Bund eigentlich vor allem für Elektrofahrzeuge und nicht auch für Wasserstoffautos stark?
Morlier: Wasserstoffautos sind für den Privatgebrauch noch nicht genügend effizient. Es gibt zudem erst wenige Modelle. Ebenso fehlt das Tankstellennetz. Die Entwicklung hinkt hier dem dynamischen Wachstum bei den Steckerfahrzeugen hinterher. Bei schweren Nutzfahrzeugen sieht es hingegen anders aus und das BFE hat hier bereits einige Wasserstoffprojekte unterstützt.
energate: Zum Abschluss noch ein Blick nach vorne: Glauben Sie, dass Elektroautos Verbrennerfahrzeuge in den nächsten Jahrzehnten verdrängen werden?
Morlier: Ich denke, die duale Welt mit Verbrennern und Elektrofahrzeugen wird noch eine Weile andauern. Doch der Trend geht recht rasant in Richtung Elektromobilität. Wichtig ist aber: Elektromobilität ist nicht DIE, sondern EINE Lösung, ein Puzzlestück in der energieeffizienten Mobilität der Zukunft. Weitere Puzzlestücke könnten sein, dass man künftig Fahrzeuge nicht mehr selbst besitzt sondern teilt oder dass überhaupt weniger gefahren wird.
Die Fragen stellte Michel Sutter, energate-Redaktion Olten.