Berlin (energate) - Das Motto erscheint angesichts des Corona-Teil-Lockdowns etwas schief: "Jetzt ist Zukunft", betitelt die Deutschen Energieagentur (Dena) ihren 20. Kongress, der am Montag in Berlin begann. Auf dem Eröffnungsplenum wurde unter anderem über Wasserstoff und das EEG debattiert. Doch Manches wird wohl erst nach der Coronakrise Fahrt aufnehmen. So musste die Dena in diesem Jahr wegen der aktuellen Pandemie-Entwicklung auf Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) verzichten. Dieser war wie Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nur mit einem Video-Grusswort vertreten.
"Damit die Energiewende gelingt, müssen wir zeigen, dass Klimaschutz, Wohlstand und Wettbewerbsfähigkeit keine Gegensätze sind", sagte Altmaier in seinem Gruss. Vor Ort wurde er durch Andreas Feicht vertreten. Der Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium lobte in seiner Rede vor allem das bislang erreichte: Beim Erneuerbare-Energien-Ausbau seien viele Hemmnisse beseitigt worden, von Wind-Onshore bis zu Digitalisierung und Netzausbau.
EEG wird noch Veränderungen erfahren
Wie bei den Erneuerbaren müsse nun bei Wasserstoff eine dramatische Kostensenkung stattfinden, sagte Feicht. Wichtig dafür sei die Befreiung der Elektrolyse von der EEG-Umlage. Dazu kündigte Feicht einen Vorschlag an, um den Rahmen für den Aufbau einer Wasserstoffökonomie zu schaffen. "Beginnen werden wir mit den Sektoren, wo wir den grössten Bedarf haben - Industrie und Mobilität", sagte Feicht. Wasserstoff sei aber nicht die alleinige "Silver Bullet", schränkte er ein.
Wegen Corona sei es derzeit noch nicht möglich die EEG-Umlage zu senken, sagte Feicht in Hinblick auf eine andere Baustelle. Dies sei aber das langfristige Ziel. Feicht liess durchblicken, dass die geplante EEG-Novelle noch Veränderungen erfahren werde. Der "systemische Gedanke", solle aber erhalten bleiben.
EEG gleich ganz abschaffen?
"Das EEG muss weg", sagte Christian Kullmann, Vorstandsvorsitzender von Evonik und Präsident des Verbands der Chemischen Industrie (VCI). Es sei ein bürokratisches Monster. Dem widersprach naturgemäss Kerstin Andreae, Vorsitzende der Geschäftsführung des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW). Die steigende Umlage müsse die Politik in den Griff bekommen, aber es wäre falsch, die Förderung der Erneuerbaren abzuschaffen. Sie plädierte auf dem Weg zur Klimaneutralität für realistische Schritte. Es gelte nicht nur Ziele immer weiter zu verschärfen.
Hierin ist sie sich einig mit dem VCI-Präsidenten. Kullmann bekräftigte das Bekenntnis der chemischen Industrie, bis 2050 klimaneutral zu sein. Dafür benötige die von der Corona-Krise getroffene Branche passende Rahmenbedingungen - aber nicht noch mehr Auflagen und Regulierungen, wie sie von Seiten der EU drohen würden. In den letzten Wochen waren aus der Industrie Stimmen zu hören, die angesichts der Pandemie unter anderem ein Belastungsmoratorium forderten (
energate berichtete).
Industrie fürchtet neue EU-Klimaziele
Weitestgehend einig waren sich die Industrievertreter beim Thema Wasserstoff. "Beim grünen Wasserstoff müssen wir heute Themen anstossen, ohne genau zu wissen, wie Geschäftsmodelle sein werden", sagte Siemens-Energy-Chef Christian Bruch. Und Hildegard Müller, Präsidentin des Verbands der Automobilindustrie (VDA) beharrte auf den Einsatz von Wasserstoff und E-Fuels im Verkehr. Schliesslich seien 2030 noch 75 Prozent des KFZ-Bestandes Verbrenner. Müller beklagte sich auch über die anstehende EU-Abgasnorm Euro 7, die ab 2025 gelten soll. Die scharfen Abgasgrenzwerte, die diskutiert würden, seien nicht zu schaffen. Damit würde die EU-Kommission Autos mit Verbrennungsmotor durch die Hintertür verbieten, so Müller.
"Niemand diskutiert eine Aufweichung der Ziele", sagte Müller. Aber Brüssel wolle die Klimaziele weiter verschärfen, ohne sich mit der jetzigen Situation zu befassen. Derzeit würde sich der Markt in Europa besonders schlecht entwickeln. Und auch Kullmann verwies auf die Schwierigkeiten seiner Branche in der Corona-Krise. Die Situation sei sehr angespannt. Je näher wir einem zweiten Lockdown kämen, desto problematischer werde es mit den Lieferketten.
"Wir kommen nicht richtig ins Tun rein", attestierte Siemens-Energy-Chef Bruch. Er verlangte langfristig planbare Randbedingungen. Diese festzuzurren, erscheint angesichts von Corona-Krise, Klimaziele-Diskussion und der 2021 anstehenden Bundestagswahl zunehmend herausfordernd./ck