Berlin (energate) - Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) glaubt nicht, dass Deutschland angesichts des höheren EU-Klimaschutzziels das eigene Ziel anpassen muss. Es werde wahrscheinlich beim deutschen Ziel bleiben, sagte Schulze in Berlin. Derzeit liegt das nationale Ziel bis 2030 bei 55 Prozent weniger CO2 im Vergleich zu 1990. Mit konkreten Regularien der EU beispielsweise zum Ausbau der erneuerbaren Energien, zur Elektromobilität oder zum Wärmemarkt könne dasselbe erreicht werden, sagte Schulze bei einer Pressekonferenz mit dem Thema "Fünf Jahre Pariser Abkommen". Es gebe dann mehr europäische Regeln, die für alle gelten. Deutschlands Klimapolitik werde damit europäischer werden.
Dieser Weg wird in den Augen der Umweltministerin aber nicht weniger anstrengend sein. Das von den EU-Staaten ausgehandelte Ziel bezeichnete sie als "sehr ambitioniert". Diese hatten sich vergangene Woche auf die Erhöhung des Einsparziels von 55 Prozent weniger CO2 bis 2030 geeinigt (
energate berichtete). Die Einigung bezeichnete Schulze als wichtiges internationales Signal. Es zeige einen glaubwürdigen Pfad auf, der auch für andere Vorbild sein könne. Im kommenden Sommer will die EU-Regelungen vorlegen, wie das erhöhte Ziel erreicht werden soll.
Agora Energiewende fordert höhere nationale Ziele
Patrick Graichen von der Denkfabrik Agora Energiewende geht hingegen davon aus, dass das deutsche Klimaziel deutlich steigen müsste. Wenn die EU ihr Klimaziel von 40 auf 55 Prozent erhöht, dann müsse Deutschland sein Ziel für 2030 von 55 auf mindestens 65 Prozent anheben, erläuterte Graichen bei einem Pressegespräch. Konkret bedeute so ein Ziel für Deutschland: Kohleausstieg bis 2030, Erhöhung des Erneuerbaren-Ziels auf 70 Prozent, grüne Stahlproduktion, 14 Mio. E Auto und sechs Mio. Wärmepumpen. Entscheidend dafür sei, den Stromsektor schnell zu dekarbonisieren - dieser müsse auch in Deutschland bis 2030 den grössten Minderungsbeitrag leisten. Der Ausbau der erneuerbaren Energien müsse sofort erhöht werden auf 10.000 MW Solar, 5.000 MW Wind an Land und 2.000 MW Wind auf See pro Jahr.
Die heutige Einigung der Koalition auf die Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) sieht allerdings noch keine konkrete Anhebung des Ausbauziels bis 2030 vor (
energate berichtete). Dies verschob die Koalition auf das erste Quartal kommenden Jahres. Schulze sagte, es sei wichtig, dann noch mal an den Ausbaupfad heran zu gehen. Es sei aber auch richtig, dass es jetzt eine erste Regelung gebe.
Internationale Fortschritte beim Klimaschutz
"Wir müssen in Deutschland mehr tun", sagte Schulze. Soviel sei klar. Zugleich habe es in diesem schwierigen Jahr auch Fortschritte beim Klimaschutz gegeben. Dem europäischen Deal würden nun andere wichtige Volkswirtschaften folgen. Am Wochenende fand der virtuelle Klimagipfel "Climate Ambition Summit" der UN statt, bei dem mehr als 70 Staats- und Regierungschefs mehr Engagement im Kampf gegen den Klimawandel versprachen. So hatte dort beispielsweise China angekündigt, die Klimaintensität des Bruttoinlandsprodukts bis 2030 um 65 Prozent im Vergleich zu 2005 zu senken. Klimaneutralität will das Land mit dem derzeit grössten Treibhausgas-Ausstoss bis 2060 erreichen.
Auch vom Machtwechsel in den USA erhofft sich Schulze fünf Jahre nach dem Abkommen von Paris weitere Fortschritte. Paris sei eine Sternstunde der Weltpolitik und ein politischer Wendepunkt gewesen, so die Umweltministerin. Nun sei das Thema bei vielen Staaten angekommen und es sei Zeit für Investitionen. 2021 werde ein "Jahr der Umsetzung". Am 17. Dezember wird auch der EU-Umweltrat über die neuen Beschlüsse beraten. /ck