In Andermatt standen die Bergbahnen rund um Weihnachten still. (Foto: Fränzi Stalder / Ferienregion Andermatt)
Olten (energate) - Die Pandemie-Massnahmen treffen vor allem lokale Energieversorger in den Bergen. Neben einem tieferen Stromverbrauch wird auch die Beschaffung komplexer. Gleichzeitig gibt es Hinweise für eine erhöhte Nachfrage nach PV-Anlagen.
Während der Stromverbrauch von Bergbahnen bei überregionalen Versorgern in der Gesamtrechnung nicht entscheidend ins Gewicht fällt, ist er bei kleineren Anbietern in Tourismusregionen wesentlich. Im Vergleich mit dem Energieverbrauch der Gäste haben Bahnen zudem eine weitaus grössere Bedeutung. "Die Bergbahnen sind in der Wintersaison der Motor für den Tourismus", sagt Pascal von Allmen, Geschäftsführer der Licht- und Wasserwerk Adelboden AG. Der Stromverbrauch im Winter sei stark abhängig von allfällig verordneten Schliessungen und weniger von tieferen Übernachtungszahlen. "Müssten Skigebiete und allenfalls auch die Hotels schliessen, hätte dies unmittelbar einen hohen Einfluss auf den Strombedarf. Hier wäre mit einem massiven Minderabsatz zu rechnen."
Bisher läuft das Geschäft im Kanton Bern allerdings ohne grosse Einschränkungen weiter. Die Skigebiete waren unter Anwendung von Schutzkonzepten auch über die Festtage geöffnet und die Auslastung der Hotels sei zumindest "nicht schlecht", wie Hotellerie Suisse Berner Oberland verlauten liess.
Strombeschaffung ist mit Risiken verbunden
Andere Schweizer Kantone entschieden sich für eine Einstellung des Wintersportbetriebs für die Zeit um Weihnachten. In der Zentral- und Innerschweiz blieben die Bergbahnen vom 22. bis zum 29. Dezember geschlossen. Beim EW Ursern, das die Skiregion Andermatt-Sedrun zu seinen Kunden zählt, sank der Stromabsatz nach eigenen Angaben spürbar. "Treiber für die Zahlen sind vor allem die Bergbahnen, aber auch die Schliessung von Gastronomie macht sich bemerkbar", sagt Geschäftsführer Markus Russi. Falls Bahnen die Zahl der Passagiere beschränkten, habe auch das einen Einfluss auf den Verbrauch. "Bei voller Auslastung kann er gut und gerne das Doppelte betragen als beim Betrieb mit vielen Leerfahrten." Besonders gross seien die wirtschaftlichen Auswirkungen im letzten Frühling während des Lockdowns gewesen. "Wir kaufen Strom strukturiert ein und mussten wegen des tieferen Verbrauchs unserer Kunden einen Teil der festgelegten Menge für das 1. Quartal zu einem Drittel des bezahlten Preises zurück verkaufen." Allein die Kosten für diese Transaktion beziffert Russi auf 300.000 Franken. Dieses Jahr sei das EWU vorsichtiger bei der Beschaffung und orientiere sich eher am Spotmarkt. "Leider sind die Preise gerade abnormal hoch", so Russi weiter.
Bei der Licht- und Wasserwerk Adelboden AG sind die Mengen für das Jahr 2021 bereits beschafft. "Käme es nun aufgrund von Schliessungen zu einem Minderabsatz, entstünde für uns ein finanzieller Schaden für den zu viel beschafften Strom", so von Allmen. "Der Wiederverkauf am Spotmarkt ist in der Regel nur zu viel tieferen Preisen möglich."
Kein Strategiewechsel bei BKW und Repower
Grössere Versorger sind von den Massnahmen gegen die Pandemie ebenfalls betroffen, aber längst nicht so stark wie EW in Berggebieten. Die BKW beziffert den absoluten Verbrauchsrückgang im von Covid-19 betroffenen Zeitraum auf 8 bis 12 Prozent. Eine Schwierigkeit bestehe darin, dass die Rückgänge nicht auf Monate hinaus planbar sind, teilt das Unternehmen mit. Bei der Beschaffung orientiere sich die BKW anhand der aktualisierten Verbrauchsprognosen und den beobachteten Preisschwankungen an den Grosshandelsmärkten für Termin- und Spotprodukte. "Die Strategie unterscheidet sich nicht grundsätzlich vom Normalzustand ohne Pandemie", heisst es weiter.
Auch Repower stellt nach eigenen Angaben für 2020 einen reduzierten Stromverbrauch fest, der sich in derselben Grössenordnung bewegt wie bei der BKW. "Wir gehen davon aus, dass wir im Vergleich mit dem Vorjahr um bis zu 10 Prozent weniger Strom in unserem Versorgungsgebiet umgesetzt haben", so das Unternehmen. Beim Absatz in der laufenden Wintersaison spielten Entscheidungen und Verordnungen im Zusammenhang mit Covid-19 sowie die Wetterbedingungen eine grosse Rolle. Die Auswirkungen der Pandemie bei der Beschaffung seien aber marginal. "Wir haben unsere Beschaffungsstrategie nicht grundlegend umgestellt."
Nachfrage nach PV-Anlagen teilweise höher
Das Nutzungsverhalten der Stromkunden könnte sich durch die Pandemie auch über den Verbrauch hinaus ändern, doch ein klares Bild zeichnet sich nach Angaben der befragten EVU nicht ab. Während man bei Repower keine verstärkte Nachfrage nach autarker Versorgung etwa durch PV-Anlagen feststellt, meldet die BKW einen hohen Auftragseingang im zweiten und dritten Quartal. "Wir können uns vorstellen, dass sich die Kunden während des ersten Lockdowns intensiver mit dem Thema Photovoltaik auseinandergesetzt haben", so das Unternehmen. In Adelboden stellt man ebenfalls eine höhere Nachfrage nach PV-Anlagen fest, die allerdings eher leicht ausfalle. "Ob dies eine Auswirkung der Pandemie ist, lässt sich nicht beantworten", sagt von Allmen. Auch sonst sei es noch zu früh, ein bestimmtes Kundenverhalten als Auswirkung der Pandemie festzustellen. /yb
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