So sieht die Modellwelt von Nexus-e aus. (Foto: Nexus-e/ETH Zürich)
Zürich (energate) - Ein interdisziplinäres Forschungsteam der ETH Zürich entwickelt in einem vom Bundesamt für Energie (BFE) unterstützten Projekt die Modellierungsplattform "Nexus-e". Sie erlaube es, den Einfluss von technologischen, wirtschaftlichen sowie regulatorischen Entwicklungen auf das Energiesystem der Zukunft zu analysieren, teilte die Hochschule mit. Denn das Energiesystem der Schweiz wird sich ihrer Ansicht nach in den kommenden Jahren grundlegend verändern. Eine wichtige Rolle werde dabei die Photovoltaik spielen. Fest stehe zudem, dass dieser Wandel flexible Technologien brauche, die Energie effizient umwandeln, speichern und bei Bedarf rasch bereitstellen können - und das in Zeitskalen von saisonal bis stündlich.
Um Verständnis für mögliche Wege zur Klimaneutralität zu finden, können gemäss der ETH Zürich Computermodelle eine grosse Hilfe sein. Am Energy Science Center der Hochschule entwickle daher eine Forschungsgruppe die Plattform "Nexus-e", mit der sich Energiesysteme modellieren liessen. Ende 2020 sei die erste Version fertiggestellt worden. Das Pilot- und Demonstrationsprojekt wurde demnach vom BFE und beteiligten ETH-Professuren kofinanziert. Das gemeinsame Ziel war, ein geeignetes Werkzeug zu entwickeln, welches das komplexe Schweizer Stromsystem ganzheitlich abbildet. Damit werde es insbesondere möglich, die Rollen zentraler und dezentraler Technologien sowie wirtschaftliche und politische Faktoren in einem künftigen Stromnetz mit steigendem Flexibilitätsbedarf zu bewerten.
Flexibilität nimmt zu
"Um Lösungen für die Zukunft zu finden, braucht es mehr Flexibilität. Mit Nexus-e- wollen wir eine Plattform bereitstellen, mit welcher wir verschiedene Szenarien modellieren und so die Transformation des Energiesektors in den nächsten Jahrzehnten erleichtern können", wird Marius Schwarz, Projektmanager von Nexus-e, zitiert. Da die Energiewirtschaft sehr komplex sei, so die ETH, gebe es bisher nur wenige Versuche, die Wechselwirkungen zwischen einzelnen Komponenten systemweit zu modellieren. Nexus-e wolle diese Lücke schliessen. Schwarz: "Das entscheidende Merkmal ist die transparente Plattform-Architektur. Sie erlaubt es, Komponenten des Energiesystems in Form von Modulen über klar definierte Schnittstellen auf einfache Weise miteinander zu verbinden."
Die Plattform kombiniert derzeit fünf Energiemodelle, die Wissen und Methoden aus verschiedenen Disziplinen wie Elektrotechnik und Makroökonomie zusammenbringen. "Diese fünf Module repräsentieren die Schweizer Gesamtwirtschaft und den Strommarkt, Investitionen in dezentrale und zentrale Energieanlagen, die Netzsicherheit und den Netzausbau", so die ETH. Der modulare Ansatz ermögliche es, das Energiesystem und das Zusammenspiel seiner Komponenten viel umfangreicher abzubilden als herkömmliche, isolierte Simulationen von Teilsystemen.
Um das Potenzial der Plattform zu veranschaulichen, haben die Forschenden im Rahmen der ersten Projektphase drei Test-Szenarien für die Transformation des Schweizer Stromsystems bis 2050 durchgerechnet. "Die Simulationen deuten darauf hin, dass der Ausstieg aus der Kernenergie vor allem mit erheblichen Investitionen in neue Photovoltaik-Anlagen ermöglicht werden könnte. Windenergie hingegen könnte nur dann eine Rolle spielen, wenn die Kosten erheblich gesenkt würden", heisst es aus Zürich. Mit der Wasserkraft befinde sich die Schweiz zudem in einer guten Ausgangssituation, um die tägliche aber auch saisonal schwankende Stromproduktion der Photovoltaik auszubalancieren. "Da die zugrundeliegenden Annahmen noch mit erheblichen Unsicherheiten behaftet sind, haben diese Test-Resultate primär illustrativen Charakter und sollten nicht als offizielle Prognosen verstanden werden", betont Schwarz.
Simulationszeit verkürzt
Die Plattform dient auch als Modellierungsinfrastruktur, die kontinuierlich in Forschung und Lehre zum Einsatz komme. So sagt Christian Schaffner, Leiter des Energy Science Centers: "Die Nexus-e-Plattform ermöglicht es den Studierenden und Forschenden, komplexe Fragestellungen und neue Phänomene effizienter zu untersuchen." So lasse sich detailliert und niederschwellig studieren, wie sich Teilaspekte im Gesamtsystem verhalten. Laut Schaffner und Schwarz soll die neue Plattform aber auch von Interessierten ausserhalb der Hochschule genutzt und weiterentwickelt werden. "Wir sind daher offen für neue Kooperationen im akademischen Bereich, aber auch mit politischen Entscheidungsträgerinnen oder Vertretern der Industrie, die Nexus-e nutzen möchten", sagt Schaffner. Bereits habe das Team die Simulationslaufzeit von Tagen auf wenige Stunden reduzieren können. In einem nächsten Schritt sei geplant, die Plattform vollständig zu öffnen. /df
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