Bern (energate) - Mehr Niederschläge, die gegen Ende des Jahrhunderts erwartet werden, dürften im Winter für eine höhere Stromproduktion sorgen. Das zeigt eine Untersuchung, welche das Bundesamt für Umwelt (Bafu) im Rahmen des National Centre for Climate Services des Bundes (NCCS) zusammen mit 14 Schweizer Forschungsinstitutionen gemacht hat. Gemäss der sogenannten
Hydro-CH2018 wird bis 2100 ohne Klimaschutz in der Schweiz 30 Prozent mehr Wasser in den Flüssen im Winter fliessen, mit Klimaschutz wären es noch 10 Prozent mehr. Im Winter regne es mehr, als dass es schneie, weil die Schneefallgrenze steige, schreibt das Bafu.
Diese Veränderung betrifft auch Kraftwerke und die Stromproduktion. Mehr Wasser im Winter, wenn die Stromnachfrage hoch ist, erlaube zwar eine höhere Stromproduktion, so das Bafu. Allerdings, so Massimiliano Zappa von Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL), sei diese nicht hoch genug, um die bestehende Winterstromlücke zu füllen. Und Marianne Zünd vom Bundesamt für Energie (BFE) ergänzte, dieses Problem müsse ohnehin vorher gelöst werden, weil die Energiestrategie 2050 ja nur auf den Zeithorizont bis 2050 ausgelegt sei.
2100: Weniger Wasser im Sommer
Ein Argument, das auch Guido Federer, Stv. Leiter Sektion Wasserkraft im Bundesamt für Energie, auf dem
Blog des BFE anführt: "Die in den neuen hydrologischen Szenarien modellierten Veränderungen aus dem Klimawandel werden erst gegen Ende des Jahrhunderts massgeblich werden." Bis der Zubau von erneuerbaren Energien, den man im Zuge der Energiestrategie beschlossen habe, realisiert sei, werde die Winterproduktionslücke über einen gewissen Zeitraum grösser werden und dann wieder abnehmen, so Federer, der die Studie begleitet hat. Immerhin könnten die Wasserkraftwerke das zusätzliche Wasser nutzen. "Heute sind die meisten Wasserkraftwerke im Winter nur teilweise ausgelastet", gibt Federer zu bedenken.
Genau umgekehrt zeigt sich die Situation im Sommer. In der warmen Jahreszeit fliesst gemäss der Studie ohne Klimaschutz 40 Prozent weniger Wasser, mit Klimaschutz beträgt der Rückgang 10 Prozent. Insgesamt ist es demnach im Sommer trockener und wärmer, die Gletscher schwinden weiter. "Weniger Schnee und Gletschereis führen zu geringeren Wasserreserven für den Sommer", so das Bafu. Der Wasserhaushalt ändere sich. So fliesst im Sommer gemäss den Ergebnissen von Hydro-CH2018 markant weniger Schmelzwasser in Bäche, Flüsse und Seen - und das Wasser wird wärmer.
Der Effekt auf die Stromproduktion ist laut Federer jedoch gering. Im Sommer seien die Abflüsse heute häufig höher als die Fassungskapazität, schreibt er im BFE-Blog. "Das heisst: Die Kraftwerke können gar nicht alles Wasser nutzen, das vorhanden ist. Weniger Wasser im Sommer würde sich auf die Stromproduktion also nur minimal auswirken." /ms