Zentrales Thema bei der Netzregulierung ist die Frage, wie Kosten des Stromnetzes tief gehalten werden können. (Foto: IWB)
Bern/Olten - Kürzlich hat der Bundesrat die Botschaft zum Bundesgesetz über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien präsentiert. Die energate-Redaktion hat sich das Dokument im Detail angeschaut und stellt Ihnen ausgewählte Aspekte des Gesetzesentwurfs in Kürze vor. Heutiges Thema: Das Stromnetz.
Zentrales Thema bei der Netzregulierung ist die Frage, wie die Kosten des Stromnetzes tief gehalten werden können. Der Bund setzt dabei im Wesentlichen auf drei Instrumente: Die netzdienliche Nutzung von Flexibilitäten, verursachergerechtere Netzentgelte und eine Sunshine-Regulierung durch die Eidgenössische Elektrizitätskommission Elcom.
Erzeugungsanlagen dürfen abgeriegelt werden
Kernelement der künftigen Flexibilitätsregulierung ist die Klärung der Zugriffsrechte. Konkret hält das Gesetz als Grundsatz fest, dass die Flexibilität den jeweiligen Endverbrauchern, Erzeugern und/oder Speicherbetreibern gehört. Wollen Verteilnetzbetreiber diese Flexibilitäten (z.B. netzdienlich) nutzen, dann müssen sie sich diese also vertraglich sichern. Hört sich das etwas abstrakt an? In der Botschaft finden sich dazu zwei Anwendungsbeispiele - zum Beispiel jenes einer Familie, die ihr Haus mit einer Wärmepumpe heizt. Dieser Familie kann der Verteilnetzbetreiber einen Vertrag offerieren, in dem die Steuerung der Wärmepumpe sowie die Vergütung dafür geregelt ist. Die gezielte Steuerung der Wärmepumpe hat dabei das Potenzial einen Engpass im Netz des Verteilnetzbetreibers zu vermeiden. "Damit kann er teuren Netzausbau vermeiden", heisst es in der Botschaft.
Vorgesehen ist im Gesetzentwurf jedoch auch, dass der Verteilnetzbetreiber künftig per se - im Extremfall also auch gegen den Willen des Inhabers - gewisse Flexibilitäten steuern darf. Gelten soll dies dabei für einen "bestimmten" Anteil der Einspeisung von Erzeugungsanlagen, wobei für das Abriegeln aber eine Vergütung entrichtet werden muss. Wie gross der "bestimmte" Anteil pro Erzeugungstechnologie ist und wie die Grundzüge der Vergütung genau aussehen, soll der Bundesrat festlegen können. "Bei einer unmittelbaren erheblichen Gefährdung des sicheren Netzbetriebs" sollen die Netzbetreiber Flexibilitäten aber auch kostenfrei nutzen können.
Höhere Leistungskomponente beim Netznutzungsentgelt
Ebenfalls ein Mittel gegen tiefere Netzausbaukosten ist laut Ansicht des Bundes eine höhere Leistungskomponente beim Netznutzungsentgelt. "Eine höhere Leistungskomponente setzt wirtschaftlich bessere Netznutzungsanreize, weil die Dimensionierung der Netzkapazitäten und damit die Netzkosten vorwiegend durch die (zeitgleiche) Höchstlast der Endverbraucher determiniert sind", hiess es dazu in Vernehmlassung. Im Gegensatz zur Vernehmlassungsvorlage verzichtet der Bund nun aber darauf, schon im Gesetz festzulegen, wie hoch die Leistungskomponente maximal sein darf: Der Passus "Art. 14 Abs. 3bis Best. a", wonach die Leistungskomponente bei Endverbrauchern ohne Leistungsmessung maximal 50 Prozent sein darf, wurde entsprechend aus dem Gesetz gestrichen. Stattdessen will der Bund im Gesetz künftig nur noch vorschreiben, dass die Netznutzungsentgelte verursachergerecht sein müssen und Eigenverbraucher durch diese gesamthaft betrachtet nicht benachteiligt werden.
Wie es in der Botschaft heisst, verfügt der Bund auf Basis dieser Tarifgrundsätze über grosse Freiräume, um die Tarifvorschriften weiter zu konkretisieren. Und er kündigt dabei auch gleich an, dies im Sinne der Vernehmlassungsvorlage machen zu wollen. "So sollte auf Verordnungsstufe aus netzökonomischer Sicht nach Vorbild der Vernehmlassungsvorlage etwa konkretisiert werden, dass auch schon im Basistarif eine höhere Leistungskomponente (Fr./kW) beziehungsweise höhere Grundkomponenten (Fr./Anschluss) zulässig sind", heisst es in der Botschaft.
Öffentlichkeit soll für tiefe Netzkosten sorgen
Neben den Anreizen über verursachergerechtere Netznutzungsentgelte und dem Mechanismus der Flexibilitäten soll letztlich aber auch der Druck der Öffentlichkeit für tiefe Netzkosten sorgen. Konkret soll die Elcom auf Basis von umfassenden Vergleichen künftig gegen aussen informieren, inwiefern die verschiedenen Verteilnetzbetreiber den Strom effizient oder eben nicht-effizient verteilen. Ein Indikator soll dabei auch Investitionen in intelligente Netze abbilden. Damit soll kompensiert werden, dass auf Investitionen in intelligente Netze (Betriebskosten) anders als auf die Kapitalkosten kein WACC (Weighted Average Cost of Capital) bezahlt wird.
Messwesen für grosse Teile liberalisiert
Zu guter Letzt soll auch das Messwesen für einen beträchtlichen Teil der Endkunden liberalisiert werden. Konkret sollen unter anderem alle grossen Endverbraucher (Jahresverbrauch von mindestens 100 MWh) sowie alle Elektrizitätserzeuger und Speicherbetreiber ihren Anbieter für den Messstellenbetrieb und die Messdienstleistungen frei wählen können. Hinter diesem Bestreben steht wiederum ein Kostenargument. "Die Kosten, welche von den Netzbetreibern für das Messwesen geltend gemacht werden, sind bisweilen sehr hoch", heisst es dazu in der Botschaft. /mg
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