Ein Grossteil der Konsumenten verbleibt gemäss Swissolar beim Standardprodukt, weil Strom keine besondere Aufmerksamkeit hat, solange er aus der Steckdose kommt. (Foto: SAK)
Zürich (energate) - Die Standard-Stromprodukte der Schweizer Energieversorger enthalten im Durchschnitt nur 1,85 Prozent Solarstrom. Das hat eine Auswertung von "myNewEnergy" ergeben. Demnach weisen von 211 Energieversorgern, die für die Auswertung herangezogen wurden, 117 gar keinen Solaranteil im Standard aus. Bei den 94 Versorgern mit Solarstrom im Standardprodukt liegt dessen Anteil bei rund 4 Prozent. Spitzenreiter ist Energie Opfikon mit 25 Prozent. Zu den grossen Versorgern mit hohem Solaranteil gehören die AEW Energie AG mit 15 Prozent, Groupe E mit 6,1 Prozent und EWB mit 8 Prozent. Zum Vergleich: Die Liechtensteinischen Kraftwerke LKW beliefern ihre Kunden mit 17 Prozent Solarstrom.
Dabei lag der Anteil von Solarstrom am jährlichen Stromverbrauch zuletzt bei 4,7 Prozent, schreibt Swissolar in einer Mitteilung. Aktuell dürfte angesichts des Zubaus neuer Anlagen die Marke von 5 Prozent überschritten sein, so der Fachverband für Sonnenenergie. "Die Energieversorger sollten ihren Käufern von Standardprodukten mindestens so viel Solarstrom verkaufen, wie ohnehin im Netz ist", sagt dazu David Stickelberger, Geschäftsleiter von Swissolar. "Unter Berücksichtigung des Solarstroms aus KEV-Anlagen wären dies aktuell 5 Prozent. Dieser Wert sollte jährlich mindestens um die jeweilige Zubaumenge erhört werden. Rund ein Prozent würde dem notwendigen Zubau von Photovoltaik-Anlagen entsprechen."
Stickelberger: Margen bei speziellen Produkten vermutlich höher als bei Standardprodukten
Interessant, so Stickelberger gegenüber energate, sei zudem, dass einige Stadtwerke zwar fast keinen Solarstromanteil im Standardprodukt hätten, dafür aber Ökostromprodukte oder Beteiligungen an Solaranlagen vertreiben würden. Stickelberger vermutet, dass bei diesen Produkten die Margen höher sind als bei den Standardprodukten. Zudem würden sie bei der Kundenbindung helfen, wenn es zu einer vollständigen Marktliberalisierung komme. "Ich möchte aber betonen, dass wir keineswegs gegen solche weiterführenden Produkte sind", so Stickelberger.
Mit 5 Prozent Anteil Solarstrom im Standard könnten die Energieversorger den Bau neuer Anlagen fördern, da durch die Verteilung vergleichsweise geringer Solarstrom-Mengen an viele Kunden die Produktpreise tief gehalten werden könnten, so Swissolar. Heute blieben nämlich viele Betreiber auf ihrem sauberen Strom sitzen, da die meisten Kunden gar nicht an einen Stromwechsel zu Grünstromprodukten denken. "Wichtig ist dabei, dass diese Zertifikate ausschliesslich aus Schweizer Solaranlagen stammen, denn nur solche leisten einen effektiven Beitrag an eine sichere und saubere Stromversorgung in unserem Land", so Stickelberger. Allein um die Kernkraftwerke zu ersetzen, würden 20 Mrd. kWh Solarstrom benötigt. Zusätzlich fördere der Solarausbau auch das lokale Gewerbe.
Marchand: Kunden sollten automatisch das optimale Produkt erhalten
Viele Energieversorger böten den Solarstrom nur in speziellen Grünstromprodukten an, teils allerdings mit sehr hohen Solaranteilen und einem erfolgreichen Marketing. Ein Grossteil der Konsumierenden verbleibe jedoch beim Standard, da Strom bei den Kunden keine besondere Aufmerksamkeit habe, solange er aus der Steckdose komme. Zudem koste ein Wechsel Zeit und Wissen und der Strom sei ein vergleichsweise kleiner Posten im Haushaltsbudget. Das bekannte Nudging-Prinzip stosse den Stromkonsumenten somit in die falsche Richtung.
Die Mehrheit der Stromkunden sei Solarstrom gegenüber sehr positiv eingestellt. "Es ist gut, wenn engagierte Stromkonsumenten zusätzlich einen freiwilligen Beitrag leisten können. Aber noch besser ist, wenn Kunden im Sinne des Nudging automatisch das optimale Produkt erhalten", sagt dazu Christina Marchand, Geschäftsleiterin von "myNewEnergy". "Ansonsten werden die Kunden im negativen Sinne bevormundet mit Strom, der nicht dem Schweizer Ausbauplan entspricht." /ms
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