"Im Jahr 2021 hat die Frage, ob die Energiewende bei gleichzeitig hoher Stromversorgungssicherheit zu schaffen ist, deutlich mehr Aufmerksamkeit erfahren": Christoph Brand. (Foto: Axpo)
Olten (energate) - Zum Jahresabschluss hat energate wie jedes Jahr Führungspersönlichkeiten aus der Energiebranche um ein Fazit zum Energiejahr gebeten. Heute ziehen Christoph Brand (CEO Axpo), Antje Kanngiesser (CEO Alpiq Holding AG) und Roland Leuenberger (CEO Repower) ihre persönliche Jahresbilanz.
Christoph Brand, CEO Axpo
Im Jahr 2021 hat die Frage, ob die Energiewende bei gleichzeitig hoher Stromversorgungssicherheit zu schaffen ist, deutlich mehr Aufmerksamkeit erfahren. Das ist zu begrüssen, denn die Schweiz kommt beim Ausbau der Erneuerbaren kaum vom Fleck. Zur Erinnerung: Bis 2050 müssen rund 50 TWh zugebaut werden, um den steigenden Stromverbrauch bei wegfallender Kernkraft zu decken. Bei Axpo sind wir überzeugt, dass diese Jahrhundertaufgabe machbar ist. Unser mit dem "Axpo Power Switcher" berechnetes Szenario zeigt einen Weg auf.
Zwingende Voraussetzung ist allerdings, dass rasch deutliche Fortschritte bei den Bewilligungsverfahren und den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen erzielt werden können. Axpo nutzt die erhöhte Aufmerksamkeit, um auf diese Hürden der Energiewende öffentlich hinzuweisen und den politischen Prozess rund um Energiegesetz und Stromversorgungsgesetz mitzugestalten.
In den letzten Jahren haben wir dreimal mehr im Inland investiert als im Ausland. Mehrere Milliarden flossen in den Bestandserhalt der Wasserkraft, in die Stromnetze oder in die Sicherheit der Kernkraftwerke. Auch neue Projekte treiben wir voran, wie etwa die AlpinSolar-Anlage an der Muttsee-Staumauer oder Wasserstoffprojekte an Flusskraftwerken. Für viele weitere Neuprojekte hingegen sind die Rahmenbedingungen in der Schweiz derzeit schlicht zu unattraktiv. Im Ausland ist die Axpo Gruppe auch im letzten Geschäftsjahr weiter gewachsen, beispielsweise konnten wir unsere führende Stellung bei Stromabnahmeverträgen ausbauen.
Antje Kanngiesser, CEO Alpiq Holding AG
2021 war äusserst herausfordernd für die gesamte Energiebranche. Der dramatische Anstieg der CO2-, Gas- und infolgedessen der Strompreise war in seiner Wucht bisher einzigartig; aber vielleicht war er nur der Bote eines "new normal". Als Unternehmen werden wir uns darauf einstellen müssen. Die preistreibende Abhängigkeit von russischen Gaslieferungen nach Europa hat aber auch klar vor Augen geführt, dass Energiepolitik nicht nur Klima- und Wirtschaftspolitik, sondern auch Sicherheitspolitik ist. Der schnelle und konsequente Ausbau der erneuerbaren Energien und Speicher sowie eine konstruktive Zusammenarbeit der Schweiz mit der EU sind für die Versorgungssicherheit unverzichtbar.
Die geopolitische Spannungen um Gas, die offenen Fragen mit der EU und die fünfte Welle der Corona-Pandemie lassen uns auf ein unsicheres 2022 blicken. Besinnen wir uns deshalb auf unsere Stärken: Dieses Jahr stand die Schweiz zum ersten Mal in der 33-jährigen Geschichte des IMD-Rankings der weltweiten Wettbewerbsfähigkeit an der Spitze! Dies ist gerade in einer Zeit, in der die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit überall spürbar waren, eine grosse Leistung. Auf diese können wir bauen: Nutzen wir unsere Innovationskraft und schaffen wir nachhaltige Lösungen für die Herausforderungen von heute und morgen. Alpiq wird ihren Teil gerne dazu beitragen.
Roland Leuenberger, CEO Repower
Im Energiejahr 2021 ist einer breiten Öffentlichkeit eines klar geworden: Die Versorgungssicherheit der Schweiz ist kein Selbstläufer. Sie ist vielmehr das Ergebnis weitsichtiger Planung, guter Partnerschaften und hoher Investitionen. Repower übernimmt seit über 100 Jahren zusammen mit vielen anderen Energieunternehmen Verantwortung für die Versorgungssicherheit der Schweiz. Die Strombranche hat keinen expliziten gesetzlichen Auftrag, die Versorgungssicherheit der Schweiz zu gewährleisten, dennoch liegt die Sicherstellung einer zuverlässigen Stromproduktion und Verteilung gewissermassen in unserer DNA.
Die Förderung der erneuerbaren Energien ist eines der wichtigsten Elemente der Unternehmensstrategie von Repower. Im Jahr 2021 investierte Repower insbesondere in den Erhalt der Wasserkraft. Die Produktionsinfrastruktur in der Valposchiavo wird in den nächsten Jahren mit rund 150 Millionen Franken für die nächsten Generationen fit gemacht. Die Chance für einen signifikanten Ausbau der Wasserkraft bietet sich Repower mit dem Projekt Wasserkraftwerk Chlus im Prättigau. Die Zeichen, dass das Wasserkraftwerk Chlus realisiert werden könnte, stehen mit den laufenden Gesetzesrevisionen so gut wie nie zuvor. Die Bundespolitik ist aufgefordert, mit den laufenden Gesetzesrevisionen Anreize für Investitionen in neue Kraftwerksanlagen sowie Energiespeicher zu schaffen. Das könnte auch dem Projekt des Pumpspeicherkraftwerks Lago Bianco wieder zu mehr Rückenwind verhelfen. Weiter muss der Gesetzgeber eine klare Priorisierung der Nutz- und Schutzinteressen vornehmen. Die Bewilligungsverfahren sind zu beschleunigen und die Einsprachemöglichkeiten zu bündeln. Die Schweiz braucht dringend die richtigen Rahmenbedingungen, damit die Energiestrategie 2050 auch wirklich machbar ist.
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