Köln/Essen (energate) - Wasserstoff kann einen grossen Beitrag zu Dekarbonisierung der Industrie leisten. Doch ob bestehende Anlagen und Bauteile mit dem Gas ohne weiteres zurechtkommen, war bisher offen. Ein Forschungsprojekt bringt nun mehr Licht ins Dunkel. Wissenschaftler der TH Köln haben dabei mit dem Gas- und Wärme-Institut Essen untersucht, welche Auswirkungen Wasserstoff auf metallische Werkstoffe der Rohrleitungsinstallationen und Gasdruckregelanlagen hat. Im Kern ging es beim Projekt "H2-Substitution II" darum zu klären, ob Wasserstoff in metallische Werkstoffe eindiffundiert und so zu einer unerwünschten Materialversprödung führen kann. Das Vorhaben wurde vom Bundeswirtschaftsministerium über zwei Jahre gefördert.
Für die Analyse betrachteten die Wissenschaftler die gängigen Werkstoffe, die in Industrieanlagen zum Einsatz kommen, also etwa Baustähle und Kupfer. Um mögliche Versprödungen festzustellen, kamen Zugversuche zum Einsatz, bei denen das Material gedehnt wird. Diese Versuche dauerten bis zu einen Tag, da der Wasserstoff in der Praxis nur langsam diffundiert. Der Wasserstoffanteil im Gas stiegt dabei schrittweise. Los geht es bei 10 Prozent, dann steigt er zunächst auf 30 Prozent, 70 und schliesslich bis auf 100 Prozent.
Keine Probleme auch bei hohen Temperaturen
Die Forscher kamen zu einem eindeutigen Ergebnis: "Wir konnten bei den verwendeten Werkstoffen keine Wasserstoffversprödung feststellen. Für Baustähle, die bei Rohrleitungen und Armaturen unter H2-Druck verwendet werden, ist das Erdgas-Wasserstoff-Gemisch unkritisch", erklärte Projektleiter Martin Bonnet vom Institut für Werkstoffanwendung an der TH Köln. Getestet wurde die Material-Wasserstoffkombination auch bei einer Temperatur von bis zu 920 Grad. Dabei sei die Diffusionsgeschwindigkeit des Wasserstoffs im Metallgitter gestiegen, "sodass der Wasserstoff angeregt wird, aus dem Metallgitter zu diffundieren", erklärte Bonnet weiter. Die Wasserstoffbeimischung ist aus seiner Sicht ein wichtiger Lösungsansatz, um Emissionen einzusparen. "Dieser Umstand gewinnt vor dem Hintergrund der CO2-Zertifizierung von Industrieanlagen immer mehr an Bedeutung."
Höhere Beimischungen im Gasnetz
In weiteren Projekten, etwa des DVGW, wird aktuell untersucht, mit welchen Wasserstoffanteilen die Gasnetze zurechtkommen. So testet der Betreiber Avacon in Sachsen-Anhalt in einem Forschungsvorhaben die Beimischung von bis zu 20 Prozent ins Erdgasnetz (
energate berichtete). /kw