Dass die Partei sich den Neubau von Kernkraftwerken offenhalten will, erntet auch innerhalb der FDP Kritik. (Foto: Kernkraftwerk Gösgen-Däniken AG)
Olten (energate) - Am 12. Februar lässt die FDP ihre Delegierten über den Neubau von Kernkraftwerken (KKW) abstimmen. Unterstützenswert findet das Vorhaben kaum jemand, wie die Reaktionen in den Medien zeigen. Am Wochenende war publik geworden, dass die FDP das Neubau-Verbot von KKW in der Schweiz aufheben und insbesondere den Weg für Anlagen der neuen Generation offenhalten will. Damit stösst die Partei vor allem auf Kritik und wirft Fragen auf, wie ein Blick auf die Reaktionen zeigt.
Intern äusserte sich unter anderem die Präsidentin der FDP-Frauen dagegen. Ein Ja zu KKW sei ein falsches und irreführendes Signal, sagte Susanne Vincenz-Stauffacher gegenüber der "NZZ am Sonntag". "Es suggeriert fälschlicherweise, dass die FDP glaubt, man könne mit dem Bau neuer KKW die drohende Stromlücke abdecken", wird sie zitiert. Ausserdem torpediere das Vorhaben den Ausbau der erneuerbaren Energien.
Kritik von FDP-Frauen und aus Zürich
FDP-Vizepräsidentin Johanna Gapany widerspricht und stellt sich hinter die Pläne der Parteispitze: Der Neubau von KKW und die Förderung erneuerbarer Energien seien komplementär, um die Energieversorgung der Schweiz auch künftig sicherzustellen, sagte sie in einem Interview, das in Westschweizer Tageszeitungen erschien.
Auch FDP-Vertreter aus der Stadt Zürich äusserten sich kritisch. Parteipräsident Severin Pflüger schrieb auf Twitter, der geplante Neubau sei kein Wahlkampfthema. Stadtrat Michael Baumer hielt in einem Beitrag der Mediengruppe TX Group fest, dass für ihn als städtischen Energieminister der Bau von KKW kein Thema sei. Er sei gegen eine Aufhebung des Neubau-Verbots für KKW, der Antrag der Parteispitze stehe "schräg in der Landschaft". Baumer verweist auf die Abstimmung von 2016, in der sich die Stimmberechtigten den Ausstieg aus der Kernenergie beschlossen. Auch in der Energiebranche wolle niemand KKW bauen, so Baumer. Zürich habe im Zuge des Ausstiegs versucht, seine Anteile an Kernkraftwerken zu verkaufen. "Aber in der Schweiz wollte sie keiner haben."
Auch KKW-Mitbesitzerin Alpiq winkt ab
Mit Antje Kanngiesser hat sich die Geschäftsführerin des Energieversorgers Alpiq, der am KKW Leibstadt beteiligt ist, in einem Interview mit der TX Group klar gegen neue Anlagen ausgesprochen. Dabei macht sie wirtschaftliche Gründe geltend. In Europa gebe es aktuell drei Neubauprojekte, so Kanngiesser. "Diese lehren uns, dass sie zu lange dauern, viel teurer sind als ursprünglich geplant und folglich nicht rentieren."
Ohne massive staatliche Hilfe werde sich kein Unternehmen und kein Investor finden, um ein neues Kernkraftwerk zu bauen. "Eine staatliche Garantie verpflichtet die Kinder und Kindeskinder der heutigen Steuerzahler", so Kanngiesser. "Bei den bestehenden Kernkraftwerken können wir den Betrieb aufrechterhalten, solange sie sicher und wirtschaftlich Strom produzieren."
"Die Mitte" und SP klar gegen Neubau
Auch ausserhalb der FDP gibt es Widerstand gegen die Pläne der Parteispitze. Etwa seitens der "Mitte", welche als Mutterpartei von Altbundesrätin Doris Leuthard seit jeher hinter dem Atom-Ausstieg steht: Neue Kernkraftwerke seien ein No-Go, bekräftigte "Mitte"-Präsident Gerhard Pfister gegenüber der TX Group in seiner Reaktion auf die FDP-Resolution.
Energieministerin Simonetta Sommaruga zeigte im Gespräch mit dem Mediengruppe erwartungsgemäss wenig Verständnis für das Vorhaben der FDP. Die BKW habe Mühleberg vom Netz genommen, weil das Kraftwerk nicht mehr rentabel war, wird sie zitiert. "Ich habe in der Branche niemanden sagen hören, er wolle in ein neues KKW investieren", so Sommaruga weiter. "Beim KKW Flamanville in Frankreich sind die Kosten explodiert, es gab jahrelange Verzögerungen."
Auch andere SP-Vertreter stellen sich mit klaren Worten gegen einen KKW-Neubau. "Solche rückwärtsgewandten Projekte sind weder nachhaltig noch umweltfreundlich", schreibt Nationalrätin Gabriela Suter in einer Medienmitteilung der Partei. "Im Gegenteil, sie verhindern eine sinnvolle Planung für unsere Stromversorgung. Die alten KKW sind störungsanfällig und können jederzeit ungeplant ausfallen. Neue KKW sind weder politisch durchsetzbar noch ökologisch und wirtschaftlich sinnvoll", so Suter weiter. /yb
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