Laut Greenpeace-Szenario sollen bis 2035 mindestens 38 Mrd. kWh statt der vorgesehenen 17 Mrd. kWh aus neuen erneuerbaren Energien stammen. Der Hauptteil entfällt auf PV. (Foto: StWZ Energie AG)
Zürich (energate) - Greenpeace legt ein Szenario vor, nach dem die Schweiz ihre Energieversorgung ohne Kernkraft und fossile Energien sichern kann. Dazu müsse sie einen Sprint beim Ausbau der Solarenergie hinlegen, schliesst die Umweltorganisation daraus. National- und Ständerat müssten bei der anstehenden Revision des Energie- und Stromversorgungsgesetzes den Ausbau der PV deutlich schneller vorantreiben als vom Bundesrat vorgeschlagen, schreibt Greenpeace in einer Mitteilung. Die Forderung richtet sich vorweg an die Umweltkommission des Ständerates, die in den kommenden Tagen die Revision des Energie- und Stromversorgungsgesetzes behandelt. Damit könne der Ständerat die Weichen für mehr Klimaschutz und eine verbesserte Stromversorgungssicherheit noch vor dem neu aufgegleisten CO2-Gesetz stellen, das sich derzeit in der Vernehmlassung befindet.
"Greenpeace Schweiz fordert darum, dass im Energiegesetz das Ausbauziel für die Produktion von Elektrizität aus erneuerbaren Energien, ausser Wasserkraft, deutlich höher sein muss als vom Bundesrat vorgeschlagen", heisst es in der Mitteilung. Konkret sollen bis 2035 mindestens 38 Mrd. kWh statt der vorgesehenen 17 Mrd. kWh aus neuen erneuerbaren Energien stammen. Der Hauptteil entfällt auf PV. "Ein stark beschleunigter Ausbau der PV ist der Schlüssel für eine sichere und klimaverträgliche Energieversorgung", wird Georg Klingler zitiert, Energie- und Klimaexperte bei der Umweltorganisation. Die Schweiz habe dabei enormen Nachholbedarf.
Vollständiger Ausstieg aus Kernkraft bis 2029 vorgesehen
Bei der erwähnten Studie handelt es sich nach Angaben von Greenpeace um ein Gesamtenergieszenario, das Experten der University of Technology in Sydney auf Basis des neuesten Wissensstandes des Weltklimarats IPCC für die Umweltorganisation erarbeitet habe. Das Szenario besagt, dass die Schweiz das CO2-Budget einhalten kann, das ihr ab 2020 noch zur Verfügung steht, um ihren Beitrag an eine maximale globale Erwärmung von 1,5 Grad zu leisten. Das letzte Kernkraftwerk der Schweiz wird demnach 2029 vom Netz gehen. Gleichzeitig soll die Versorgungssicherheit jederzeit gewährleistet sein.
Der PV-Ausbau muss dem Szenario zufolge bereits bis 2025 massiv beschleunigt werden und noch vor der Wasserkraft die Hauptrolle in der Energieversorgung übernehmen. Laut den Autoren des Szenarios lassen sich dadurch die CO2-Emissionen des Schweizer Energiesystems im Vergleich mit 1990 und bis 2035 um bis zu 90 Prozent senken, ohne die Biodiversität zu gefährden. Die verbleibenden Emissionen will Greenpeace mit der Abschöpfung von Kohlenstoff aus der Atmosphäre kompensieren. "Für Greenpeace stehen hier der dauerhafte Schutz und der Wiederaufbau von klimarelevanten Ökosystemen im Vordergrund", heisst es in der Mitteilung.
PV-Überschüsse im Sommer
Mit dem in der Studie angestrebten Strommix werde die Stromversorgung zudem besser gegen allfällige Blackouts abgesichert als heute. Das unterstreichen laut Greenpeace die Analysen zur Stromnetzstabilität und die realitätsgetreue Modellierung der Stromversorgungssituation. "Je schneller der Ausbau der Photovoltaik erfolgt, desto früher können die seit Jahren auftretenden Stromversorgungsdefizite im Winter reduziert werden", so die Umweltorganisation. "Die derzeitige Stromknappheit im Winter ist darauf zurückzuführen, dass die Schweiz bislang den Ausbau der erneuerbaren Energien verschlafen hat", hält Klingler fest. Bei einem Vollausbau der Photovoltaik im Jahr 2050 entstehe statt eines Winterdefizits ein massiver Überschuss im Sommer, der zur Herstellung von Wasserstoff und synthetischen Brenn- oder Treibstoffen diene.
Die Umsetzung des Szenarios bedingt laut Greenpeace Schweiz zusätzliche Investitionen von rund 105 Mrd. Franken bis 2050. Dadurch sollen bis 2030 rund 30.000 neue Arbeitsplätze im Cleantech-Bereich entstehen. Der Umbau der Energieversorgung werde zudem dazu führen, dass Geld, welches heute für den Import von Erdöl und Erdgas ins Ausland abfliesse, in Zukunft in der Schweiz investiert werde. /yb
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