Bern (energate) - Die SP Schweiz will das geplante dringliche Gesetz für Notsituationen in der Stromversorgung an strengere Voraussetzungen knüpfen als der Bundesrat. Energieversorger müssten unter anderem in erneuerbare Energien im Inland investieren, um im Krisenfall Unterstützung zu erhalten, fordert die Partei. Die SP begrüsse den "Rettungsschirm" für die Strombranche, den der Bundesrat vor Ostern ankündigte (
energate berichtete), lassen die Sozialdemokraten in einer Mitteilung verlauten. Die dazu formulierten Bedingungen für Unternehmen gingen jedoch zu wenig weit. "Die vorgesehenen Vorschriften punkto Transparenz, marktgerechter Verzinsung oder Verbot der Ausschüttung von Dividenden reichen nicht aus", schreibt die SP. Dasselbe gelte für die geplanten Massnahmen.
Unternehmen sollen Ausstieg aus fossilen Energien vorantreiben
Die Partei begründet ihre Haltung mit den Erfahrungen aus der Finanzkrise von 2007 und 2008. Diese habe gezeigt, dass staatliche Rettungsschirme mit substanziellen Gegenleistungen verbunden sein müssten. Die SP will deshalb drei weitere Bedingungen stellen als vorgesehen und diese in ihrer Antwort zur Vernehmlassung einfliessen lassen.
Eine der Voraussetzungen beinhaltet laut Mitteilung, dass Stromunternehmen einen substanziellen Beitrag zur Energiewende leisten, insbesondere durch Investitionen in erneuerbare Energien im Inland. Gleichzeitig müssten dafür die Rahmenbedingungen verbessert werden. "Der rasche Ausstieg aus fossilen Energien – gerade auch russischer Herkunft – muss vorangetrieben werden, die Stromunternehmen müssen beispielsweise auch auf den Einsatz von russischem Uran in ihren Atomkraftwerken verzichten", schreibt die SP.
Suter: Erfahrungen mit Pilotprojekten ermöglichen
Wie SP-Nationalrätin Gabriela Suter auf Anfrage gegenüber energate ausführt, richtet sich die geforderte Bedingung, in inländische erneuerbare Energien zu investieren, direkt an die grossen Energieversorger der Schweiz. "Sie realisieren auch Projekte für erneuerbare Energien im Inland, aber eben nicht genug."
Um den Ausbau zu beschleunigen, sei die besagte Verbesserung der Rahmenbedingungen nötig. Dabei handle es sich um laufende Gesetzesänderungen und politische Vorstösse: zum Beispiel die vom Bundesrat angestrebte Beschleunigung der Bewilligungsverfahren für Wind- und Wasserkraftanlagen, die zweite Etappe der Teilrevision des Raumplanungsgesetzes, aber auch ihren eigenen Vorstoss zur Abklärung des Potenzials für Agri-PV in der Schweiz. "Bessere Rahmenbedingungen müssen es zumindest möglich machen, jetzt Erfahrungen mit Pilotprojekten für Agri-PV oder hochalpine PV zu sammeln", sagt Suter.
Kritik an der Strommarktliberalisierung
Zudem sei die Parlamentarische Initiative zur Unterstellung der strategischen Infrastrukturen der Energiewirtschaft unter die Lex Koller von Nationalrätin Jacqueline Badran (SP/ZH) umzusetzen (
energate berichtete). Allfällige Liquiditätsnot der Stromkonzerne dürfe nicht dazu führen, dass strategisch wichtige Infrastrukturen der Energiewirtschaft an ausländische Investoren verkauft werden, schreibt die Partei dazu. "Kritische Infrastrukturen gehören grundsätzlich in öffentliche Hand. Die aktuelle Kriegs- und Krisensituation zeigt das sehr klar. Hochriskante Handelsgeschäfte, die nicht der Versorgungssicherheit dienen, sind einzustellen."
Gleichzeitig erneuerte die SP ihre Kritik an der Marktöffnung. Die aktuelle Situation, die solche Unterstützungsmassnahmen notwendig mache, zeige, dass die Liberalisierung der Stromwirtschaft gescheitert sei, heisst es in der Mitteilung. Die Schweiz müsse zum bewährten System zurückkehren, also zur Stromversorgung im Eigentum der öffentlichen Hand und zur Tarifierung. "Solange aber die heutige Situation besteht, braucht es Absicherungen für die Stromversorger, die too important to fail sind", lässt die Partei verlauten. Die Unterstützungsleistungen für systemrelevanten Stromunternehmen seien in der aktuellen Situation wichtig für die Versorgungssicherheit, aber nicht zum Nulltarif zu haben. /yb