Zürich (energate) - Der Verein Smart Grid Schweiz (VSGS) kritisiert die geplante Umsetzung der Vorlage zum Bundesgesetz über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien. Die Konsumenten bzw. die Gesellschaft würden nicht in die Verantwortung genommen, schreibt der Verein in seinem aktuellen Newsletter. Stattdessen, so der VSGS, sollen diese durch die
Gesetzesvorlage mehr Rechte und Freiheiten erhalten als bisher. Als Beispiele erwähnt der Verein die Strommarktöffnung und die Liberalisierung des Messwesens. "Und die heute zur Netzoptimierung genutzte Steuerung von Boiler und Elektroheizungen soll einem Flexibilitätsmarkt zugeführt werden", ergänzt der VSGS. "Als ob die sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien nicht bereits ohne diese Wahlfreiheiten eine Herausforderung wäre." Diese Liberalisierungen seien angesichts der bereits seit 2013 fehlenden politischen Unterstützung für die volle Strommarktöffnung nicht zeitgemäss. Zudem erhöhten Teil-Liberalisierungsbestrebungen wie etwa im Messwesen oder beim ZEV nur die Komplexität, ohne einen Mehrwert zu schaffen, so Maurus Bachmann, Geschäftsführer des Vereins, auf energate-Nachfrage.
"Wenn wir eine 'erneuerbare' und 'sichere Stromversorgung' wollen, müssen wir bereit sein, die Folgen dafür zu tragen", mahnt der VSGS. Dies heisse nicht Marktvorteile und Rendite, sondern Bewusstsein und Mitwirkung. Lokale Energiegemeinschaften seien zwar ein Ansatz, das Bewusstsein im Umgang mit Strom und eine Mitwirkung zu fördern. Das Ziel sei aber eine sichere, effiziente und erneuerbare Stromversorgung für alle. "Lokale Energiegemeinschaften gaukeln eine Lösung vor, die keine ist", kritisiert der Verein. Effektiv seien die Gemeinschaften zu jedem Zeitpunkt abhängig von der Leistungserbringung des gesamten übrigen Netzes: "Sie unterstützen damit die nötigen Massnahmen zur Sicherstellung der Versorgungssicherheit praktisch nicht."
VSGS ist gegen Netzausbauten für hohe PV-Einspeiseleistungen
Zielführend seien am Ende also nicht private Gemeinschaften, sondern die Mitwirkung der gesamten Gesellschaft. "Wir brauchen eine Gemeinschaft aller Nutzer im Netz, welche gleichermassen zum Ziel beitragen", so der VSGS. Und natürlich müssten dafür die Netzbetreiber in die Pflicht genommen werden. "Die Gesetze dürfen aber nicht den Handlungsfreiraum einschränken", schreibt der Verein. "Vielmehr sollen sie mit den nötigen Rahmenbedingungen die Netzbetreiber befähigen und unterstützen." Den Handlungsspielraum eingeschränkt sieht Bachmann etwa durch die Tarifvorgaben. "Sinnvoll sind Gesetze, welche die grossen Ziele für Netzbetreiber vorgeben", so der VSGS-Geschäftsführer gegenüber energate. Diese gebe es im Stromverordnungsgesetz. "Die Grenze betrachten wir dann als überschritten, wenn untergeordnete Vorgaben, beispielsweise in der Stromversorgungsverordnung, die übergeordneten Ziele unterlaufen."
Die Gesetze sollten den Fokus darauf legen, was für die Zielerreichung einer sicheren und erneuerbaren Stromversorgung relevant ist, so der Verein. Alles andere will er zurückstellen, etwa Netzausbauten, um sehr hohe PV-Einspeiseleistungen ins Netz zu ermöglichen. Netzausbauten seien zwar nötig, so Bachmann auf energate-Nachfrage, aber: "Wir sprechen uns dagegen aus, auch die letzte Kilowattstunde ins Netz aufzunehmen, egal welche Kosten dies im Netz generiert." Ebenso lehnt der VSGS die Ausdehnung von ZEV ab. "Das würde zu immer grösseren Verwerfungen und Unklarheiten bei der Kostentragung und zu erheblichem administrativen Mehraufwand führen, ohne in gleichem Masse das Gesamtsystem zu entlasten", argumentiert der VSGS. Auch will er keine Einschränkung bei der Umsetzung von Netztarifen, um den Lösungsfreiraum nicht einzuengen. "Vielmehr sollten innovative Tarifmodelle möglich sein, welche zur Auftragserfüllung und Zielerreichung beitragen", schreibt der Verein. /ms