St.Gallen (energate) - Anlässlich der 9. Energiekonferenz in St.Gallen vom 10. Juni pochten die Teilnehmer einer Podiumsdiskussion auf eine Verkürzung der Bewilligungsverfahren. Regierungsrat Marc Mächler (FDP) etwa vertrat die Ansicht, die Schweiz würde den Umbau des Energiesystems mit den heutigen Verfahren nie schaffen. "Es kann nicht sein, dass ein Solarkraftwerk in Frankreich in vier Jahren gebaut wird und wir in der Schweiz mindestens doppelt so lange brauchen", kritisierte der Vorsteher des Finanzdepartementes in St.Gallen, der auch Präsident des Vereins Minergie Schweiz ist. Es brauche aber auch ein Umdenken bei der Interessensabwägung. Heute habe ein Stromprojekt bei einer solchen Abwägung meistens nicht Vorrang, monierte Mächler. Da müsse sich die Schweiz entscheiden, was Priorität habe: der Schutz einiger Bäume oder das Verhindern eines Blackouts. "Wir führen momentan keine ehrliche Diskussion in der Politik", so Mächler.
In die gleiche Kerbe schlug auch Stefano Garbin, CEO der St.Gallisch-Appenzellischen Kraftwerke AG (SAK). Er erinnerte an das Windkraftprojekt "Linthwind" im Kanton Glarus, das die SAK umsetzen wollte, aber nicht konnte, weil der Glarner Landrat den Standort Bilten aus dem Richtplan strich (
energate berichtete). "Dabei hätten wir damit 6.000 Haushalte mit Strom versorgen können", so Garbin. Sein Fazit: Beim Umbau des Energiesystems müsse man diesen wollen, gemeinsam vorgehen und auch Kompromisse suchen.
Koller: Kernkraftdiskussion kostet nur Zeit
Die jetzige Bewilligungspraxis nahm Lino Guzzella von der ETH denn auch als Grund dafür, dass die Stromunternehmen ihre Projekte zu einem grossen Teil im Ausland realisieren. "Ich verstehe nicht, dass man Stromversorger angreift, weil sie im Ausland Stromanlagen bauen", so Guzzella. "Wenn sie mit einem Franken dort viel mehr bauen können und der Strom direkt importiert werden kann, haben wir im Land viel mehr davon." Für ihn sei das Festhalten an einheimischer Stromproduktion ein Denkverbot.
Doch wie soll der Konflikt zwischen Einsprachen gegen Projekte und dem Umbau des Energiesystems gelöst werden? Mächler wünscht sich eine gemeinsame Lösung, bei der die Verbände auch weiterhin Einsprachemöglichkeiten haben sollen. "Aber man müsste die Verfahren zusammenlegen", so der Regierungsrat. Und wenn diese gemeinsame Lösung nicht zustande kommt? Dann, so Mächler, würde er nicht ausschliessen, dass auch eine Art Notrecht zur Anwendung kommen könnte.
Ein Nebenaspekt der Diskussion war das Thema Kernenergie. Mächler stellte sich auf den Standpunkt, bestehende Kraftwerke weiter zu betreiben, solange diese sicher sind. Der Bau neuer Anlagen würde mindestens 20 Jahre dauern, so Mächler. Eine noch deutlichere Meinung zu dem Thema hatte Martin Koller, Head Strategy & Energy Economics bei Axpo. "Keine Bank wird Ihnen ein Kernkraftwerk finanzieren und keine Versicherung es versichern", sagte er. "Wir verlieren nur Zeit mit dieser Diskussion." /ms