Zürich (energate) - Die Expertengruppe "Versorgungssicherheit" am Energy Science Centers (ESC) der ETH Zürich zeigt in einem Positionspapier auf, wie die Schweiz unabhängig von fossilen Energien werden und dadurch ihre Klimaziele erreichen könnte. Dabei zählen die Forscher verschiedene Massnahmen auf, die sie priorisieren, etwa im Gebäudebereich. So sollen fossile Heizsysteme durch erneuerbare ersetzt werden, schreibt das Expertenteam in dem
Papier. Wenn möglich, soll auf Fernwärme gesetzt werden. Auch eine Reduktion der Raumtemperatur erachten die Forscher als sinnvolle Massnahme. Die bessere Isolation von bestehenden Immobilien sehen sie dagegen kritisch: Mit der jetzigen Sanierungsrate von 1 bis 2 Prozent pro Jahr würden auch im Jahr 2050 und darüber hinaus viele ineffiziente Gebäude in ihrem jetzigen Zustand bleiben, schreiben sie.
In der Mobilität sehen die Forscher die Elektrifizierung als Schlüssel zur Dekarbonisierung und propagieren dabei einen stärkeren Ausbau der Ladeinfrastruktur. Dieser, verbunden mit anderen Massnahmen, könnte allenfalls Basis dafür sein, das von der EU beschlossene Verbot von neuen Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren vorzuziehen, das ab 2035 gilt. Dem Expertenteam schwebt das Jahr 2030 vor. In jenen Bereichen, in denen eine Elektrifizierung schwierig sei, etwa im Transportsektor, schlagen die Forscher den Wechsel zu Wasserstofffahrzeugen und den Einsatz synthetischer Treibstoffe vor. Synthetische Treibstoffe und (grüner) Wasserstoff sieht das Forscherteam auch als Lösungen für die Industrie. Die energiepolitischen Rahmenbedingungen müssten solche Alternativen begünstigen, so die Meinung der Forscher.
Schweiz soll Abkommen schliessen
In der Industrie wird der Ausstieg aus Erdöl und Erdgas nach Ansicht des Teams schwieriger. Alternative Brennstoffe wie synthetisches Gas oder Wasserstoff sieht es hier als Lösung. Erdgas sollte allerdings nur zusammen mit neuen "emissionsnegativen" Technologien verwendet werden, die CO2 abscheiden und speichern können. Dazu müssten die Möglichkeiten einer CO2-Speicherung im Boden ausgelotet werden, was wiederum entsprechende Regulierungen erfordere. Weiter fordert das Expertenteam eine Unterstützung von alpinen Photovoltaikprojekten. Zudem sollen Geothermieprojekte vereinfacht werden.
Die Forscher zählen aber nicht nur rein technische Massnahmen auf. Damit die Schweiz ihre Versorgungssicherheit gewährleisten kann, muss sie nach Ansicht der Expertengruppe auch internationale Vereinbarungen treffen. Optionen dafür seien ein bilaterales Abkommen mit der EU oder Vereinbarungen mit den Nachbarländern. "Eine Insellösung für das Schweizer Energiesystem ist ineffizienter und massiv kostspieliger als der Austausch mit den Nachbarländern", sagt Christan Schaffner, Geschäftsführer des ESC, der mit Kirsten Oswald die Arbeit der Expertengruppe koordinierte.
Verbrennerverbot bis 2030 bei Umfrage am unbeliebtesten
Das Team hat übrigens auch untersucht, welche der vorgeschlagenen Massnahmen bei den Stimmberechtigten unbestritten sind, und dazu 1.000 Personen aus dem ganzen politischen Spektrum befragt. Demnach ist der Widerstand gegen ein Verbrennerverbot bis 2030 am grössten: 40 Prozent stimmen dieser Idee zu. Am anderen Ende der Skala steht die Massnahme, Wind und PV parallel zum Ausstieg aus den Fossilen auszubauen: 80 Prozent zeigten sich in der Umfrage damit einverstanden. /ms