Olten (energate) - Umweltorganisationen reagieren scharf auf den Entwurf der Urek-S für Gesetzesänderungen zulasten des Umweltschutzes im Energiebereich. Die Wirtschaftsverbände sehen vor allem Vorteile. Der Vorschlag der ständerätlichen Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie sei unausgegoren, schreiben Birdlife, Greenpeace Schweiz, Pro Natura und WWF in ihrer gemeinsamen Stellungnahme. Nebst guten Elementen setze die Vorlage völlig verantwortungslos auf einen Kahlschlag bei der Natur. So wolle die Kommission das Umweltrecht einseitig der Energieproduktion unterordnen.
Umweltallianz sieht Einigung am Runden Tisch "hintergangen"
Auf Kritik stösst namentlich der Vorschlag, den Schutz der Biotope von nationaler Bedeutung aus dem Energiegesetz (EnG) zu streichen (
energate berichtete). Dabei handle es sich um Gebiete, welche gerade mal zwei Prozent der Landesfläche ausmachten, jedoch einen Drittel aller in der Schweiz bedrohten Tierarten beherbergten, so die Umweltorganisationen. Ein weiterer Kritikpunkt bezieht sich auf den Antrag, bis 2035 Teile des Gewässerschutzgesetzes (GSchG) auszusetzen, allen voran die Bestimmungen für Restwassermengen. Auch der geforderte Wegfall der Pflicht zu Schutz-, Wiederherstellungs-, Ersatz- oder Ausgleichmassnahmen bei Eingriffen in die wichtigsten Landschaftsschutzgebiete stösst auf Unverständnis.
Kurzfristig würden durch diese extremen Massnahmen nur wenige Kilowattstunden Strom produziert, argumentieren die Umweltorganisationen. Das stehe in keinem Verhältnis zum Nutzen für die Energieversorgung. Die Umweltallianz stellt sich ausserdem hinter die Empfehlungen des Runden Tisches Wasserkraft. "Zu den Vereinbarungen, die am Runden Tisch getroffen wurden, gehört aber auch das Bekenntnis zu den geltenden Schutzbestimmungen und zu austarierten Lösungen", so die Mitteilung. "Diese Einigung darf jetzt nicht hintergangen werden."
Grüne: "Urek-S sabotiert zentrales Projekt"
Die Grünen Schweiz schliessen sich in ihrer Stellungnahme dieser Meinung an: Die Kommissionsmehrheit breche wichtige Kompromisse, die bei der Gewässerschutzinitiative, beim Biotopschutz der Energiestrategie 2050 und am Runden Tisch mit 15 Ausbauprojekten für die Wasserkraft erzielt wurden. "Damit riskiert sie ein Referendum und eine Ablehnung durch die Stimmbevölkerung an der Urne", schreiben die Grünen.
Das Energie- und Stromversorgungsgesetz sei zwar unerlässlich, um die Energiewende zu beschleunigen. Die Urek-S sabotiere aber dieses zentrale Projekt, indem sie jedes Mass verliere. "Nach einem Sommer, der uns einmal mehr an die Dringlichkeit des Klimaschutzes erinnert hat, plant die Kommissionsmehrheit die Subventionierung von gasbetriebenen Wärmekraftwerken und verlängert damit die Abhängigkeit von fossilen Energien." Mit dem Positionspapier der Grünen habe die Urek-S entsprechende Vorschläge auf dem Tisch.
AEE Suisse: "Grundlage für nachhaltige Energieversorgung"
Der Wirtschaftsdachverband AEE Suisse äussert sich ebenfalls in einer Stellungnahme zum Bundesgesetz über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien. Die Urek-S korrigiere damit die Ausbauziele erheblich nach oben. Der Verband begrüsse und unterstütze die fundierte Arbeit der Kommission grossmehrheitlich. Mit den wichtigen Anpassungen übernehme die Urek-S die von AEE Suisse geforderten Ziele. "Die von der Ständeratskommission angesetzten Ausbauziele orientieren sich konsequent an der 2017 von der Bevölkerung verlangten Energiewende. Und die Zielerreichung ist die Grundlage für eine nachhaltige und sichere Energieversorgung in der Schweiz", so Geschäftsführer Stefan Batzli.
Eine wichtige Grundlage zur Erreichung dieser Ziele seien die ebenfalls beschlossenen Verbesserungen in der Raumplanungsgesetzgebung. Lob gibt es zudem für die gleitende Marktprämie. Diese sei ein marktnahes und wirksames Finanzierungsmodell für erneuerbare Energien, wie es europaweit im Einsatz sei. Die vorgesehene Verschuldung des Netzzuschlagfonds stösst ebenfalls auf Zustimmung.
Swisscleantech sieht Konsens gefährdet
Der Verband Swissleantech schreibt, der Ständerat habe bei den erneuerbaren Energien Nägel mit Köpfen gemacht. Der beschleunigte Ausbau von rund 5 Mrd. kWh auf 39 Mrd. kWh in 13 Jahren werde zu beträchtlichen Kosten führen, schiebt Swisscleantech nach. Ob der Netzzuschlag für diesen Ausbau gross genug sei, werde sich weisen. Bedauerlich sei, dass der Ständerat versäumt habe, ein Ziel für den Zubau im Winter festzulegen. Zwar nehme der Ständerat diesen mit einigen Massnahmen wie der Förderung von Wärmekraftkopplungen auf, lasse jedoch andere taugliche Massnahmen aus. Auch der Vorschlag, Energieprojekten Vorrang zu geben, falls die Schweiz in zwei Wintern netto mehr als 5 Mrd. kWh Strom importiert, scheint Swisscleantech "nur halb gelungen". So verstreiche unnötig Zeit zur Planung.
"Besser wäre es, vergleichbare Diskussionsprozesse im Bereich der Windenergie und der Solarenergie zu starten, wie sie durch Bundesrätin Sommaruga für die Wasserkraft initiiert wurden", schreibt der Verband. Swisscleantech bedauere es deshalb sehr, dass die Urek-S gleichzeitig mit seinen Vorschlägen den Konsens, der am Runden Tisch Wasserkraft gefunden wurde, torpediere. Die Restwassermengen zu reduzieren, statt gezielt auszubauen, bringe nur eine verschwindende Menge an zusätzlicher Produktion im Winter, bedrohe jedoch die Biodiversität und treibe die Umweltverbände in die Opposition. /yb