Laut Swisspower-CEO Ronny Kaufmann ist die Versorgungssicherheit die oberste Handlungsmaxime der Stadtwerke. (Foto: Swisspower AG)
Olten (energate) - Zum Jahresabschluss hat energate wie jedes Jahr Führungspersönlichkeiten aus der Energiebranche um ein Fazit zum Energiejahr gebeten. Heute ziehen Ronny Kaufmann (CEO Swisspower AG), Jörg Wild (CEO Energie 360 Grad) und Marc Ritter (CEO AEW Energie AG) ihre persönliche Jahresbilanz.
Ronny Kaufmann, CEO Swisspower AG
Das Jahr 2022 stand ganz im Zeichen der drohenden Energiemangellage: Wie können die Swisspower-Stadtwerke ihren über eine Million Kundinnen und Kunden trotz des schrecklichen Kriegs in der Ukraine genügend Gas und Strom liefern? Wie müssen sich die Stadtwerke auf Kontingentierungen oder gar Stromabschaltungen vorbereiten? Swisspower hat zusammen mit den Stadtwerken alles unternommen, um auch in einer Mangellage verlässliche Partner für die Kundinnen und Kunden zu sein - in der steten Hoffnung, dass diese nie eintreten wird. Denn Versorgungssicherheit ist für die Swisspower-Stadtwerke nicht ein abstrakter Gesetzesbegriff, sondern jeden Tag die oberste Handlungsmaxime.
Trotz der aktuellen Versorgungskrise haben Swisspower und ihre Stadtwerke im Jahr 2022 auch das längerfristige Ziel nicht aus den Augen verloren: Eine vollständig erneuerbare Energieversorgung ihrer Kundinnen und Kunden bis 2050. Swisspower hat sich deshalb auf politischer Ebene für bessere Rahmenbedingungen beim Bau von Anlagen zur Produktion von erneuerbarer Energie eingesetzt, die Planung einer alpinen Solaranlage vorangetrieben und einen grossen Liefervertrag für Biogas aus Dänemark abgeschlossen. Der Masterplan Report 2022, den Swisspower im Dezember publiziert hat, zeigt denn auch: Die Stadtwerke sind gut unterwegs. So haben sie den Anteil der erneuerbaren Energien weiter ausbauen können. Besonders stark ist der Zuwachs beim Biogas.
Im neuen Jahr geht es nun darum, die entstandene politische Dynamik für die Produktion erneuerbarer Energie im Inland zu nutzen und konkrete Projekte umzusetzen - im Solar-, Wasserkraft- und Windbereich. Swisspower und ihre Stadtwerke sind bereit dazu.
Jörg Wild, CEO Energie 360 Grad
Vor drei Jahren haben wir den Entscheid gefällt, Energie 360 Grad zu transformieren und bis 2040 vollständig auf erneuerbare Energie umzustellen. Das Jahr 2022 hat uns in aller Deutlichkeit unsere Abhängigkeit von fossilen Energien vor Augen geführt.
Ich bin überzeugter denn je: Die Zukunft ist erneuerbar. Im vergangenen Jahr hat sich Energie 360 Grad in der Transformation der Wärmeversorgung, der Mobilität, der langfristigen Sicherung der Winterenergieversorgung sowie bei Negativ-CO2-Technologien engagiert. In der Stadt Zürich haben wir in den Fernwärmegebieten rund 20 Kilometer Gasleitungen stillgelegt. Gleichzeitig begingen wir im Quartier Tiefenbrunnen den Spatenstich für einen Wärmeverbund, der Seewasser als Energiequelle nutzen wird. Parallel dazu treiben wir eine Vielzahl von weiteren erneuerbaren Wärmeprojekten voran.
Besonders gefreut hat mich die Entwicklung im Mobilitätsbereich: Inzwischen betreibt Energie 360 Grad knapp 500 E-Ladepunkte an rund 200 Standorten in der ganzen Schweiz. Ausserdem wurde unsere Beteiligung Swisscharge, die ihre Kund*innen-Zahl 2022 auf über 80.000 beinahe verdoppeln konnte, im Connect-Vergleich zum besten E-Mobility-Provider der Schweiz gewählt.
Immer wichtiger wird es künftig sein, saisonale Speicherlösungen für erneuerbare Energien anzubieten. Im Forschungsprojekt "Underground Sun Conversion" erforschen wir deshalb mit Partnern, wo in der Schweiz Speicher für Wasserstoff und synthetische Gase realisiert werden könnten.
Mit der Bioenergie Frauenfeld schliesslich - einem Joint Venture mit Schweizer Zucker - haben wir ein klimapositives Heizkraftwerk realisiert. Aus Restholz produzieren wir mittels Pyrolyseverfahren Ökostrom und erneuerbare Wärme. Das Endprodukt Biokohle bindet CO2 und macht so die gesamte Produktion zu einem CO2-negativen und somit klimapositiven Prozess. Die Transformation unseres Energiesystems ist eine grosse Herausforderung, aber auch eine sehr motivierende, sinnstiftende Tätigkeit. Ich freue mich darauf, diesen Weg mit Energie 360 Grad im neuen Jahr weiterzugehen.
Marc Ritter, CEO AEW Energie AG
Die Dekarbonisierung (weg von fossilen Brennstoffen) und Dezentralisierung (immer mehr dezentrale Stromproduzenten, elektrische Anwendungen und Speicherlösungen) rücken unweigerlich das dritte "D" in den Fokus - die Digitalisierung. Es wird immer wichtiger, die verschiedenen Komponenten geschickt und bedarfsgerecht zu managen und damit für eine stärkere Robustheit des Systems zu sorgen.
Die AEW Energie AG hat die Wichtigkeit erkannt und weitet mit den Beteiligungen an der Virtual Global Trading AG (VGT) - "Energy as a Service" – und der AZOWO GmbH - "Mobility as a Service" - ihre digitalen Lösungen für ihre Kunden aus. Diese Partnerschaften unterstützen die AEW in ihrer Strategie, als integrierte Lösungsanbieterin am Markt auftreten zu können. Als logische Folge davon wird die Geschäftsleitung anfangs 2023 um den Geschäftsbereich Digitalisierung erweitert. Demgegenüber stellt die AEW fest, dass durch die drohende Energiemangellage das engmaschige und vernetzte Versorgungssystem an seine Grenzen stösst bzw. neue Rahmenbedingungen für die verbesserte Resilienz des Energiesystems nötig sind. Die sichere Energieversorgung als Grundauftrag steht mehr denn je im Zentrum, stark getrieben durch Fragen unter anderem zur Importabhängigkeit, zur Energiestrategie 2050 und zu Verfahrensoptimierungen für den Bau neuer Infrastruktur bzw. Versorgungskapazitäten, um nur einige zu nennen. Die AEW ist deshalb überzeugt, dass eine stabile Beziehung mit dem europäischen Umfeld und eine vollständige Marktöffnung das Energiesystem der Schweiz resilienter machen würde.
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