Zürich (energate) - Für die Eigentümer eines Einfamilienhauses mit Gasheizung lohnt es sich in nur knapp der Hälfte der Fälle, eine Solaranlage zu installieren. Bei Mehrfamilienhäusern mit grösseren Dächern lohnt sich eine Solaranlage hingegen fast immer. Das ist das Ergebnis einer
Studie von Forschenden der ETH Zürich und der Universität Bern. Wie die ETH dazu mitteilt, berücksichtigten die Wissenschaftler dabei die Anschaffungskosten und die Leistung der Anlagen, die Höhe der Vergütung für den eingespeisten Solarstrom, die Ersparnis an den Stromkosten durch Eigenverbrauch sowie den Steuersatz. Auf Nachfrage erklärte Co-Autor und ETH-Professor Tobias Schmidt, dass die Berechnung der Profitabilität auf dem Haushaltsstrompreis und der Rückvergütung des Jahres 2022 basiere. Die Preise von 2023 seien aussergewöhnlich und würden Solaranlagen fast überall rentabel machen, so Schmidt gegenüber energate. Eine Anlage gilt den Forschenden zufolge dann als profitabel, wenn der erwartete Gewinn über eine Lebensdauer von 30 Jahren grösser als drei Prozent ist.
Die Forschenden untersuchten den Angaben nach 2.067 Schweizer Städte und Gemeinden. Abhängig vom Stromanbieter erhielten die Hausbesitzer 2022 zwischen 5 und 22 Rp./kWh für den selbst erzeugten Solarstrom. Für eine Kilowattstunde Strom zahlten sie zwischen 12 und 34 Rp./kWh. Laut Studie führen diese starken lokalen Unterschiede dazu, dass die Grösse einer möglichst profitablen Solaranlage von Gemeinde zu Gemeinde schwankt. "Je weniger der lokale Stromnetzbetreiber für den eingespeisten Solarstrom zahlt und je mehr er für den gelieferten Strom verlangt, desto eher passen Hausbesitzer die Grösse ihrer Solaranlage auf den Eigenverbrauch an. In manchen Fällen heisst das, dass sie weniger grosse Anlagen bauen und weniger Strom erzeugen, als sie eigentlich könnten", lässt sich Schmidt zitieren. Eine grössere Solaranlage, die mehr Solarstrom ins Netz einspeist, als der Haushalt selbst konsumiert, lohnt sich demnach vor allem dort, wo die Vergütung hoch ist.
Der Netzbetreiber des Wohnorts entscheidet
Ein gutes Beispiel für diese Zusammenhänge ist der Vergleich zwischen den beiden Zürcher Gemeinden Kloten und Rümlang. So haben die Forscher errechnet, dass eine 12-kW-Anlage auf einem Einfamilienhaus in Rümlang über eine Lebenszeit von 30 Jahren eine Rendite von 6 Prozent oder 7.000 Franken abwerfen würde. Im nur 6,5 Kilometer entfernten Kloten würde man hingegen mit der gleichen Anlage einen leichten Verlust machen. "Ausschlaggebend dafür ist neben dem Strompreis die stark unterschiedliche Vergütung der lokalen Netzbetreiber", erklären die Forscher. So erhielt man in Rümlang 2022 16,97 Rp./kWh, während man in Kloten nur 6,10 Rp./kWh bekam. Die Forscher machen weiter darauf aufmerksam, dass in Kloten eine 16-kW-Anlage auf einem Mehrfamilienhaus dagegen profitabel wäre. Trotzdem würde besagte Anlage wohl nicht realisiert, weil in Kloten auf einem Mehrfamilienhaus eine kleinere, ganz auf den Eigenverbrauch ausgerichtete Anlage mit 12 kW noch wirtschaftlicher wäre.
Höhere Einspeisevergütungen führen zu leistungsstärkeren Anlagen
"Wenn das Ziel der Schweiz ist, möglichst leistungsstarke Anlagen auf Mehrfamilienhäusern zu haben, muss man die Anreize dafür zum Beispiel durch höhere Einspeisevergütungen stärken", folgert Schmidt. Ähnlich äussert sich auch Isabelle Stadelmann, Professorin an der Universität Bern und Co-Autorin der Studie. "Die ausgeprägten föderalistischen Strukturen führen im Falle der Photovoltaik dazu, dass eine Mehrheit der Kantone deren Ausbau zu wenig aktiv fördert. Eine Harmonisierung über verbindliche und ambitiösere Standards wäre nötig", schreibt sie. Die Energiekommission des Nationalrats (Urek-N) hat jüngst dafür plädiert, dass die Minimalvergütung für rückgespiesenen Solarstrom schweizweit einheitlich sein und sich an den günstigsten Anlagen orientieren soll. /mg